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Kristin Brinker führt die Berliner AfD seit 2021 an.

© IMAGO/Metodi Popow

„Scheiß-BRD war eine reine Kolonie“: Berliner AfD-Chefin Brinker schweigt zu geleaktem Chat

Auszüge aus einem AfD-Chat gewähren erschreckende Einblicke in die Denke von Mitgliedern und Funktionären. Die Berliner Landeschefin schweigt.

Trotz ihrer eigenen für AfD-Verhältnisse moderaten Ausrichtung gelingt es der Berliner AfD-Chefin Kristin Brinker nicht, sich von radikalen Kräften ihrer Partei abzugrenzen. Eine Tagesspiegel-Anfrage zu menschenverachtenden und in Teilen geschichtsrevisionistischen Chatnachrichten eines Parteimitglieds ließ Brinker unbeantwortet. Die Partei- und Fraktionschefin werde sich dazu nicht äußern, erklärte ein Sprecher am Freitag.

Das ist deshalb pikant, weil der Autor der Nachrichten – der ehemalige Bezirksverordnete Christian von Hoffmeister – Mitarbeiter und damit Vertrauter eines Fraktions- und Landesvorstandskollegen Brinkers ist. Von Hoffmeister arbeitet aktuell für den AfD-Abgeordneten Antonin Brousek. Brinker dürfte ihn dementsprechend persönlich kennen und ihm mitunter auf den Fluren des Landesparlaments begegnen.

Auch Brousek, in seinem früheren Leben Richter am Amtsgericht Schöneberg und seit 2021 Mitglied des Abgeordnetenhauses, hielt eine Distanzierung von den Inhalten der Nachrichten oder gar dienstrechtliche Konsequenzen für nicht angebracht. Er habe seinen bereits getätigten Aussagen nichts hinzuzufügen, erklärte Brousek dem Tagesspiegel.

Zuvor hatte er dem rbb, der zuerst über die Chatnachrichten von Hoffmeisters berichtet hatte, erklärt: „Ich nehme diese Dinge aber so ernst wie alberne Aussagen in einer x-beliebigen Schülerzeitung. Eine ähnliche Funktion hat dieser Chat nämlich.“

Brousek nennt AfD-Bundestagsabgeordnete „Schwachmaten“

Allerdings: Fraktionsvize und Landesvorstandsmitglied Brousek selbst beteiligte sich ebenfalls an dem Chat, dem laut rbb Mandatsträger aller Ebenen angehören. Dem ARD-Hauptstadtstudio und Kontraste liegt eine von Brousek verfasste Nachricht vor, in der er Parteikollegen beschimpft.

So seien unter den Bundestagsabgeordneten der AfD „zu viele eingebildete Schwachmaten“. Auf Anfrage schrieb Brousek, der in der Vergangenheit Veranstaltungen des offiziell aufgelösten Flügels in der AfD besucht hatte, man könne „wirklich nicht alle mögen“.

Dieser Staat war schon immer ein minderwertiger Witz.

Christian von Hoffmeister

Deutlich weiter gehen die Chatnachrichten von Hoffmeisters. „Die Scheiß-BRD war eine reine Kolonie. Und zwar von Anfang an, was ja nur logisch war“ oder: „Dieser Staat war schon immer ein minderwertiger Witz“, schrieb von Hoffmeister in der von Brousek als „Schülerzeitung“ bezeichneten Gruppe.

Den ehemaligen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker bezeichnete er als „Ratte“, den für die Ermordung von Rosa Luxemburg und Karl Liebknecht verantwortlichen Faschisten Waldemar Pabst als „Reichsundrepublikretter“.

AfD-Landeschefin Brinker war das keinen Kommentar wert. Sie habe keinen Einfluss darauf, wen der Abgeordnete Brousek einstellt und wen nicht, sagte ein Sprecher.

Parteiinterne Kritiker, die Brinker nicht zuletzt aus eigenem Kalkül vorwerfen, sich nicht deutlich genug gegen die zuletzt an Einfluss gewonnen Flügel-Anhänger abzugrenzen, dürften sich dadurch bestätigt sehen. Innerhalb der Berliner AfD werden Handeln und Nichthandeln der Landeschefin auch nach ihrer Wiederwahl im März sehr genau beobachtet.

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