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Unterstützt nun die streikenden Lehrer: Der bildungspolitische Sprecher der SPD, Ilkin Özisik, ist am 16. Streiktag in das Tiergarten Gymnasium gekommen. Außen rechts steht der Sprecher der Lehrerinitiative, Florian Bublys.

© Susanne Vieth-Entus

Update

Schulstreik in Berlin: SPD-Bildungspolitiker Ilkin Özisik zeigt sich solidarisch mit streikenden Lehrern

Langsam sind viele Eltern genervt: An diesem Mittwoch haben erneut knapp 2000 Lehrer an über 400 Schulen gestreikt. Doch am 16. Streiktag seit Dezember 2012 kommt unverhofft auch Unterstützung - von Seiten der SPD. Und auf Bundesebene bewegt sich auch was.

An vielen Berliner Schulen fällt am Mittwoch und Donnerstag erneut Unterricht aus. Der Grund: Die angestellten Lehrer streiken erneut. Seit Dezember 2012 ist es bereits der 16. Streiktag. Schon vor Unterrichtsbeginn haben sich die streikenden Lehrer zum Beispiel vor dem Eingang des Tiergarten Gymnasiums in der Altonaer Straße versammelt. Etwa 20 Pädagogen von unterschiedlichen Schulen sind gekommen. Auch der bildungspolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Ilkin Özisik, ist bereits eingetroffen. Es ist das erste Mal, dass sich ein SPD-Abgeordneter und Bildungspolitiker so offen mit den Streikenden solidarisiert. "Der Senat muss sich mit den Lehrern an einen Tisch setzen und ergebnisoffen über bessere Bedingungen verhandeln", äußerte sich Özisik. Er sei am Streiktag gekommen, weil "Lohngerechtigkeit ein ur-sozialdemokratisches Anliegen ist". Anders als die GEW geht Özisik allerdings nicht davon aus, dass der Senat über eine tarifliche Eingruppierung der angestellten Lehrer verhandeln kann. Das sei Sache des Bundes. Nach seiner Einschätzung bewege sich beim Thema Lehrer-Streik langsam etwas in der SPD-Fraktion und das es bald zu Gesprächen kommen könnte.

Für eine Entkrampfung der Lage spricht auch die Tatsache, dass die Berliner GEW inzwischen bei Gesprächen auf Bundesebene mit am Tisch sitzt. Dort soll es um die höchst strittige Frage gehen, inwieweit die einzelnen Bundesländer eigene tarifliche Regelungen verhandeln dürfen, ohne die Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) auszuhebeln. Am Dienstag gab es ein Auftaktgespräch. Die Berliner GEW-Vorsitzende Doreen Siebernik sieht darin aber keinen Grund, den aktuellen Streik der Lehrer auszusetzen. Bislang gebe es nur ein "freundliches Beschnuppern", betont sie. Auch die Aussage des TdL-Verhandlungsführers, dass landesspezifische Besonderheiten berücksichtigt werden könnten, sieht Siebernik bislang eher als "Lippenbekenntnis". Im Januar sollen die Gespräche weitergehen, und erst für das Frühjahr rechnet Siebernik mit einer Entscheidung darüber, ob in Verhandlungen mit der TdL eingetreten werden soll.

Am Mittwoch während des Streiks waren die Bundesgespräche kein Thema, da sie sich noch nicht herumgesprochen hatten. Deshalb dominierte Ratlosigkeit angesichts der festgefahrenen Situation. Im Gymnasium Tiergarten Die Schulleiterin des Tiergarten Gymnasiums, Cynthia Segner, zeigte Verständnis für die Streikenden. "Die jungen Lehrer sind oft enttäuscht über ihre Schlechterstellung. Das schadet natürlich auch dem Schul-Klima", so die Schulleiterin.

Ihr Gymnasium ist eine Art Hochburg der Streikaktivitäten. Das liegt auch daran, dass Florian Bublys zu den Lehrern gehört. Er ist Initiator und Kopf der Junglehrerinitiative "Bildet Berlin" und hält engen Kontakt zur SPD-Fraktion. Dass Özisik zu den Streikenden gekommen ist und dass es ihm sein Fraktionskollege Lars Oberg am Donnerstag nachtun will, liegt auch an Bublys. "Ich erwarte von der Politik, dass sie Kompromisse schließt", sagt er, "damit wir nicht in die Situation kommen, im Frühjahr das Abitur bestreiken zu müssen".

Um 9.30 Uhr haben sich ungefähr 50 streikende Lehrer im Streik-Café in Neukölln versammelt. An einem Tannenbaum haben sie Zettel mit Wünschen an den Finanzsenator befestigt. Gegen 10 Uhr fahren sie gemeinsam zum Bahnhof Zoo, von wo aus sie mit angestellten Lehrern aus der ganzen Stadt zur zentralen Kundgebung am Ernst-Reuter-Platz laufen wollen. Die Kundgebung soll gegen 10.45 Uhr stattfinden.

An die 2600 Teilnehmer sind zur Demonstration gekommen

Gegen Mittag gibt die Polizei erste Zahlen bekannt. Sie schätzt, dass 2600 Menschen vom Hardenbergplatz aus zum Ernst-Reuter-Platz gekommen sind. Darunter sind auch etwa 150 Schüler, die ihre Solidarität mit ihren Lehrern zeigen wollen, berichtet GEW-Sprecher Tom Erdmann. Dort wird jetzt symbolisch "im Kreis gelaufen", weil es nicht voran geht im Streit um die Arbeitsbedingungen der Lehrer. Offiziell als streikend haben sich bis mittags laut Bildungsverwaltung genau 1933 der 9000 angestellten Lehrkräfte gemeldet. Betroffen waren demnach 412 Schulen.

Die bildungspolitische Sprecherin der Linkspartei, Regina Kittler, findet, dass der Senat "den Schulfrieden stört". Er müsse endlich "die in den vergangenen Jahren entstandenen Gerechtigkeitslücken zwischen Tarif und Besoldung zu schließen". Die "jetzige Aussitztaktik" gehe zu Lasten der Schülerinnen und Schüler "und damit der Zukunft unserer Stadt!"

Schulen sind aufgefordert, Betreuung und Unterricht sicherzustellen

Für viele Schüler bedeutet der Streik der angestellten Lehrer erneut Unterrichtsausfall; Eltern, besonders von Grundschülern, sorgen sich auch um die Betreuung ihrer Kinder – viele sind inzwischen genervt. „Keiner bewegt sich, so kann das doch nicht ewig weitergehen“, sagte Elternsprecherin Lieselotte Stockhausen-Doering.

Beim Lehrer-Streik am 21. Oktober legten mehr als 2 100 der insgesamt 30 000 Angestellte die Arbeit nieder. Am Mittwoch und Donnerstag wird in Berlin erneut gestreikt.

© dpa

Grundschulen sollen eigentlich zu bestimmten Zeiten die Betreuung der Kinder gewährleisten, an sogenannten verlässlichen Halbtagsgrundschulen gilt das bis 13.30 Uhr. Die Schulen seien aufgefordert, Betreuung und Unterricht sicherzustellen, bei „unvermeidbaren organisatorischen Abweichungen“ müssten die Eltern rechtzeitig informiert werden, heißt es dazu aus der Bildungsverwaltung.

Hoher Krankenstand verschärft Situation

Es kommt immer wieder vor, dass Schulen die Eltern bitten, ihre Kinder früher abzuholen oder später zu bringen – auf freiwilliger Basis. Die organisatorischen Probleme der Schulen werden derzeit durch einen hohen Krankenstand verschärft.

„Bei uns haben sich heute vier Vollzeitkräfte krank gemeldet, das macht bei einer kleinen Schulen schon viel aus“, sagt Inge Hirschmann von der Heinrich-Zille-Grundschule in Kreuzberg. Von anderen Schulleitern habe sie Ähnliches gehört. „Jetzt kurz vor Weihnachten schwinden die Kräfte“, sagt Hirschmann. An ihrer Schule werden voraussichtlich noch drei oder vier Lehrer streiken.

ach Angaben der GEW ist es nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts rechtswidrig, wenn Beamte mehr arbeiten müssen, um den Unterrichtsausfall durch streikende Kollegen auszugleichen. „Aber wenn eine Lehrerin allein statt zu zweit in einer Klasse unterrichtet, hat sie natürlich mehr Arbeit“, sagt Hirschmann. Die Bildungsverwaltung wies darauf hin, dass angestellte Lehrer, die nicht streiken, zur Vertretung eingesetzt werden können. Beim letzten Streik am 21. Oktober legten mehr als 2 100 der insgesamt 30 000 Lehrer die Arbeit nieder.

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