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Michael Müller (SPD) begrüßt zum Beginn des Landesparteitages 2018 der Berliner SPD die Mitglieder.

© dpa

SPD-Landesparteitag in Berlin: In der Enteignungsdebatte wird es kritisch für Michael Müller

Der Mietendeckel reicht längst nicht allen Genossen, hier droht dem Regierenden ein Gesichtsverlust. Und das ist nicht das einzige heiße Thema.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Wenn Michael Müller nichts falsch macht, so heißt es, werde er den SPD-Landesparteitag am Sonnabend unbeschadet überstehen. Vieles hängt wohl davon ab, wie der Berliner SPD-Chef seine Rede intoniert, die er am späten Vormittag halten will. Bei früheren Parteitagen hatte Müller gelegentlich danebengegriffen. Er wurde dann mit Beschlüssen und Wahlergebnissen gestraft, die ihm gar nicht schmeckten. Seine Wiederwahl als Landesvorsitzender gelang 2018 mit gerade einmal 64,9 Prozent. Auch auf diesem Parteikongress im Hotel Intercontinental werden die Genossen bis in den Abend hinein diskutieren. Das Antragsbuch umfasst mehr als 600 Seiten.

Unterstützung für umstrittenes Volksbegehren?

Über vieles konnte man sich schon im Vorfeld verständigen. Aber es gibt ein paar große, innerparteilich strittige Themen, die den Parteitag bestimmen werden. Schwer abwägbar ist beispielsweise, wie sich die Berliner SPD zum Volksbegehren „Deutsche Wohnen & Co enteignen“ positionieren wird. Diese Debatte könnte für Müller zum Stolperstein werden. Im März hatte man das Thema nach einer leidenschaftlich geführten Parteitagsdebatte vertagt, jetzt muss entschieden werden. Die Sozialdemokraten haben die vergangenen Monate genutzt, um über die Forderung nach einer Vergesellschaftung von Immobilienkonzernen intensiv und kontrovers zu diskutieren.

Mit dem Ergebnis, dass das Pro und Kontra quer durch alle Parteigremien geht. Ein gutes Dutzend Anträge wurde für den Landesparteitag geschrieben, das von der Antragskommission des Vorstands in Fleißarbeit – unter gemeinsamem Vorspann mit zwei Alternativen – zusammengefasst wurde. Einig ist sich die SPD, dass das Volksbegehren „einen wichtigen Impuls in die politische Debatte“ gegeben und mitgeholfen habe, das „gesellschaftliche Klima für stärkere politische Eingriffe am Wohnungsmarkt“ zu stärken. Auch wird das Engagement gelobt, „mehr Grund und Boden in öffentliche Hand zu bringen“.

Die Genossen bekennen sich dazu, das Gespräch mit den Aktivisten des Volksbegehrens zu suchen, mit dem Ziel, möglichst viele Mietwohnungen dem „ungezügelten Wohnungsmarkt zu entziehen“. Doch wenn es um die Feinheiten des Gesetzentwurfes geht, scheiden sich in der SPD die Geister. Dies sei „gegenwärtig nicht zielführend“, heißt es in „Variante 1“. Dagegen wird die Enteignung in „Variante 2“ als „möglicher Baustein des miet- und wohnungsbaupolitischen Instrumentenkastens“ gelobt – und die Initiative als Partner anerkannt.

Mietendeckel reicht längst nicht allen Genossen

Insider behaupten, nun habe Berlin ja den Mietendeckel und deshalb sei beim Thema Enteignung auf dem SPD-Parteitag die Luft wahrscheinlich raus. Aber sicher ist das nicht – und da kommt Müller ins Spiel. Im SPD-Landesvorstand am Montag hatte er sich nach Darstellung von Teilnehmern bitter darüber beklagt, dass die Befürworter des Volksbegehrens in der eigenen Partei nicht locker lassen. Damit unterstützten sie doch nur die Kampagne der Linken. Das kam nicht bei allen Genossen gut an. Sie sind gespannt, ob der SPD-Landesvorsitzende in seiner Parteitagsrede genauso grantig reagiert. Das könnte den Vergesellschaftern in der SPD vielleicht doch noch helfen, einen Sieg zu erringen.

Ein solcher Beschluss würde Müller düpieren. Und es wäre nicht das erste Mal, dass er einen Parteitag frustriert verlässt. Unmittelbare Folgen hätte das aber nicht, die nächsten Vorstandswahlen in der Berliner SPD stehen erst im Frühjahr 2020 an. Vorsorglich wird am Sonnabend schon einmal die Möglichkeit von Doppelspitzen auf allen Führungsebenen des SPD-Landesverbands beschlossen.

Weitere Streitthemen und eine Pleite

Eine Peinlichkeit bleibt dem Berliner SPD-Vorsitzenden auf keinen Fall erspart. Eineinhalb Jahre hatte die innerparteiliche Kommission „Politische Handlungsfelder“ über einer Strategie für die Wiederbelebung der Partei gebrütet. Damit wollte man auf die großen Wählerverluste in den vergangenen Jahren reagieren. Vorsitzender der Kommission: Michael Müller. Mitglied des Gremiums war aber auch der SPD-Fraktionschef Raed Saleh. Heraus kam ein Leitantrag, der parteiintern als so dürftig empfunden wird, dass er am Sonnabend auf dem Parteitag schnell abgehakt und in die SPD-Gremien „zur Diskussion“ zurückverwiesen werden soll.

Weitere Streitpunkte sind die Verbeamtung von Lehrern und ein neues Kita-Konzept, das aus Sicht der Kritiker nicht finanzierbar ist. Die Forderung nach einer Verbeamtung der Berliner Lehrer war auf dem letzten Parteitag im März knapp durchgefallen. Dieses Mal haben die Befürworter einen Beschluss der SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus im Rücken und eine knappe Mehrheit für die Verbeamtung gilt nicht als sicher, aber als wahrscheinlich.

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