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Bundespresseball: Status Froh

Gesine Schwan brauchte erst mal ein Glas Sekt, und Horst Köhler tanzte bis tief in die Nacht. Ein Rückblick auf den Bundespresseball. Erst mit dem Umzug nach Berlin wurde die Veranstaltung zum All-Inclusive-Fest.

Garderoben-Management ist definitiv ein Berufsfeld mit Zukunft. Wer in der Nacht zu Sonnabend, kurz nach 3 Uhr, den Bundespresseball im Hotel Interconti verlassen wollte, musste eine halbe Stunde auf den Mantel warten. Schon beim Einlass hatte es ähnliche Probleme gegeben, manche Damen zitterten mit bloßen Füßen in freier Novemberluft. Dabei hatten die Veranstalter nur einen Fehler vom vorigen Jahr berichtigen wollen, als eine Garderoben-Maschine nicht funktionierte. Vielleicht mussten zu wenige und zu ungeübte Menschen die Maschine ersetzen – Pech. Ähnliche Probleme tauchen ja auch anderswo immer wieder auf.

Ein kleiner Schatten muss wohl sein, wo vergnügt und entspannt eine Erfolgsgeschichte gefeiert wurde. Als im Zuge des Regierungsumzugs in jenem heißen Party-Herbst 1999 auch der Bundespresseball von Bonn hierher verlegt wurde, diskutierte man noch ernsthaft, ob er denn in Konkurrenz zu dem später von vielen Krisen geschüttelten Berliner Presseball stehe. Dazu muss man beim zehnten Ball, beim Jubiläum also, vielleicht mal Edmund Stoiber fragen, der hat genug Abstand und tanzte fast ausgelassen. „Seit der Bundespresseball in Berlin ist, hat er eine Leitfunktion“, urteilte er. Und sieht in der überregional bedeutenden Ball-Liga eigentlich nur noch den Münchner Filmball: „Aber der ist ganz anders.“ Selbst Gerd Depenbrock, der Vorsitzende des Deutschen Presseclubs, der besonders stolz ist auf seine Bonner Traditionen, sagte milde: „Die Bonner Bälle waren ganz anders. Das ist alles so lange her. Vielleicht kommen sie einem im Nachhinein schöner vor, als sie waren.“

„Das Essen war diesmal das Beste von allen Bällen“, schwärmte der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit. Die Hauptstadtrolle hat Berlin in vieler Hinsicht deutlich weiter gebracht, als man das beim ersten Bundespresseball an der Spree gehofft hätte, sicher auch kulinarisch – bestimmt, was Kleidung betrifft. Zwar reden viele gerne über echte und vermeintliche Flops, über manches kurze Kleid, über Stiefeletten oder schwarze Hosen, die allerdings gerade auf Galas als besonders angesagt gelten. Aber die Übermacht kostbar raschelnder Roben und etliche Frackschöße zeigten das besondere Lebensgefühl eben auch ganz deutlich, das inzwischen äußere Eleganz mit innerer Lässigkeit mühelos verbinden kann.

Gesine Schwan kam erst kurz vor Mitternacht, weil sie nach einem Vortrag in Westfalen mit großen Zugverspätungen zu kämpfen hatte. „Jetzt brauche ich erst mal ein Glas Sekt“, sagte sie fröhlich. Nach halb eins zog es Bundespräsident Horst Köhler und seine Frau Eva Luise ein letztes Mal auf die Tanzfläche in dieser Nacht. Beim Jubiläumsrocken mit Status Quo tanzte die Menge enthusiastisch zu „In the Army Now“ und versuchte gegen halb zwei , sich mit „Rockin’ All Over the World“ eine Zugabe zu ersingen. Zwar vergeblich, aber die Stimmung kochte.

Zur Exklusivität trägt bei, dass es gar nicht leicht ist, an diesem Ball teilzunehmen. Die Gäste werden von Mitgliedern der Bundespressekonferenz eingeladen und zahlen zwischen 350 Euro für Flanierkarten und 590 Euro für Tischplätze im Saal. Ehrengäste sind der Bundespräsident, die Minister, Ministerpräsidenten und Partei- und Fraktionsvorsitzenden. Erst mit dem Umzug nach Berlin wurde der Bundespresseball zum All-Inclusive-Fest und so auch noch zum Trendsetter für eine Mode, die inzwischen weite Verbreitung gefunden hat. Das Prinzip hebt die Eleganz und die Stimmung, allerdings sollten manche Gäste den reifen Umgang mit All-Inclusive-Veranstaltungen noch trainieren. Zwar ist der Anblick eines halbvollen Glases in diesen Zeiten grundsätzlich erfreulich. Aber nicht, wenn sein Besitzer es einfach so stehen lässt, weil es ja nichts extra kostet.

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