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 Paul hatte eine seltene Immunkrankheit. Nachdem er eine erfolgreiche Stammzellenspende erhielt, gilt er nun als geheilt.

©  Foto: DKMS

Stammzellenspender nach Aufruf gefunden: 14-Jähriger aus Brandenburg von seltener Krankheit geheilt

Der 14-jährige Paul aus dem Brandenburgischen Lübben litt an einer seltenen Krankheit – und hat nach einem Aufruf einen Stammzellspender gefunden.

Von Sandra Dassler

„Ich möchte als Erstes meine Geschwister wieder in den Arm nehmen“. Etwas, das für andere Kinder selbstverständlich ist, bedeutet für den 14-jährigen Paul aus Lübben das größte Glück. Denn noch vor wenigen Wochen war völlig ungewiss, ob der an einer tödlichen Krankheit leidende Junge durchkommen würde. Nur eine Stammzellentransplantation konnte ihn heilen. Aber von den vorhandenen Spendern kam keiner infrage. So starteten Pauls Eltern gemeinsam mit der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) einen Aufruf, der ihre letzte Hoffnung war.

Und das Wunder geschah. „Es konnte ein perfekter Spender gefunden werden“, sagt DKMS-Sprecherin Stefanie Doss: „Paul hatte seine Transplantation im Februar, und die neuen Stammzellen sind bereits nach ein paar Tagen sichtbar gewachsen. Die Ärzte in der Charité sind alle sehr überrascht und mehr als zufrieden.“

Stefanie Doss telefoniert immer wieder mit Pauls Mutter, die ihrem Sohn während des wochenlangen Aufenthalts in der Klinik nicht von der Seite wich. Am Mittwoch durfte er das erste Mal im Rollstuhl mit ihr vor die Tür und die Sonnenstrahlen genießen.

Nach der langen Liegezeit, dem künstlichen Koma und der Chemotherapie ist der Junge noch schwach, doch es geht ihm von Tag zu Tag besser. Er wurde von der Intensiv- auf die Normalstation verlegt, und seine Blutwerte sind sehr gut. Ganz offensichtlich hat Paul, der an Hämophagozytischer Lymphohistiozytose (HLH), einer sehr seltenen Erkrankung des Immunsystems, litt, die Krankheit besiegt.

Bis er wieder nach Hause kann, sind aber noch einige Vorbereitungen notwendig. Die Familie musste in den vergangenen Monaten viel verkraften. Pauls ältester Bruder Georg starb ganz plötzlich an einer seltenen Krankheit, seine Eltern und seine anderen sechs Geschwister waren wie gelähmt. Dann wurde Paul krank, die Mutter konnte nicht mehr arbeiten gehen. Jetzt tut die Familie alles, um die Wohnung möglichst keimfrei zu machen, denn Pauls Abwehrkräfte sind noch schwach. Auch Corona ist für ihn deshalb eine große Gefahr.

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Pauls Vater tapeziert bereits sein Zimmer und sucht nach neuen Möbeln, vor allem nach einem Bett für den Sohn. „Das ist gar nicht so einfach, weil ja die Möbelhäuser geschlossen sind“, erzählt Stefanie Doss. Sogar der geliebte Familienhund musste wegen der benötigten Keimfreiheit abgegeben werden, „in gute Hände“, sagt die Mutter.

Mehrere Patienten könnten durch die Resonanz Spender finden

Aber was ist das alles gegen das Leben ihres Sohns? Mehr als 2246 Menschen hatten sich nach dem Spendenaufruf für Paul registrieren lassen. „Das ist ein großer Erfolg, und davon werden wahrscheinlich noch weitere Patienten in den kommenden Wochen und Monaten profitieren“, sagt Stefanie Doss.

Wegen Corona können die DKMS-Mitarbeiter derzeit keine großen Typisierungsaktionen durchführen, die sonst im Umfeld von besonders betroffenen Patienten stattfinden. Außerdem ist die Zahl der registrierten Spender seit dem Ausbruch der Pandemie zurückgegangen. Dabei kann man sich bequem von zu Hause aus über www.dkms.de anmelden und bekommt dann die Registrierungsunterlagen zugeschickt.

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Neben der Einwilligungserklärung enthält sie drei Wattestäbchen, mit denen man eine Minute lang die Wangeninnenseite abrubbeln muss. Für die zeitnahe Rücksendung braucht man nichts zu bezahlen, und erst wenn die Gewebemerkmale im Labor bestimmt sind, werden die Daten ins Zentrale Knochenmarkspender-Register aufgenommen. Sie stehen dann weltweit zur Verfügung. Sollte man als Spender benötigt werden, erfolgt die Gewinnung der Stammzellen in 90 Prozent der Fälle aus dem Blut. Nur selten werden sie noch aus dem Knochenmark entnommen.

Je mehr Menschen sich weltweit registrieren lassen, desto höher ist die Chance für sonst unheilbar Erkrankte wie Paul. Dessen kleiner Bruder Ole hatte es in dem Aufruf der Familie auf den Punkt gebracht: „Mama sagt, Paul braucht einen Lebensretter“. Den hat der Lübbener Junge gefunden.

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