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Die Landkreise können auch weiter Tempolimits für Allee festlegen. Ein entsprechender Erlass wurde um fünf Jahre verlängert.

© Patrick Pleul/dpa

Trauriger Rekord: Brandenburg hat die meisten Verkehrstoten Deutschlands

Brandenburg und Sachsen-Anhalt führen die Verkehrsunfallstatistik 2017 an – gemessen an der Einwohnerzahl. Die Politik will Vergehen schärfer ahnden.

Brandenburgs Innenminister Karl-Heinz Schröter (SPD) will mit verstärkten Kontrollen und höheren Strafen für Verkehrssünder auf die gestiegene Zahl der Unfalltoten im Land reagieren. So sollen Autofahrer, die keine Rettungsgasse bilden und so die Versorgung Verunglückter behindern, nach dem Willen von Schröter künftig 1000 Euro Bußgeld zahlen.

Die Brandenburger Verkehrsunfallbilanz ist verheerend: 148 Menschen kamen 2017 auf Brandenburgs Straßen ums Leben. Das waren 27 mehr als noch ein Jahr zuvor. Gerechnet auf die Einwohnerzahl hat Brandenburg neben Sachsen-Anhalt damit bundesweit die meisten Verkehrstoten.

In der Mark starben 59 Menschen je eine Million Einwohner im Straßenverkehr. Im Bundesdurchschnitt waren es 38. In Berlin kommt auf zehn tödlich Verunglückte je eine Million Einwohner.

„Die Bilanz ist unerfreulich, das lässt sich nicht beschönigen“, sagte Schröter am Montag bei der Vorstellung der Statistik in Potsdam. Nicht nur die Zahl der tödlichen Verkehrsunglücke ist gestiegen, sondern die Zahl der Unfälle insgesamt: Im Vorjahr registrierte die Polizei 85.370 Crashs, bei denen 11.355 Menschen verletzt wurden – ein Zuwachs von 3,3 Prozent.

Häufigste Unfallursachen waren überhöhte Geschwindigkeit und Missachten der Vorfahrt. 58 Todesopfer gehen auf diese beiden Verstöße zurück.

"Alleenbäume verzeihen keine Fahrfehler"

Im Alleenland Brandenburg bleiben dabei Unfälle an Bäumen ein Problem. 51 Menschen kamen ums Leben, weil ihr Fahrzeug gegen einen Baum krachte. 2016 waren es 30. „Unsere Alleebäume verzeihen keine Fahrfehler“, sagte Schröter. Hier seien die Landkreise aufgefordert zu prüfen, wo Tempolimits und Leitplanken Schutz bieten können, sagte Verkehrsstaatssekretärin Ines Jesse (SPD).

Der Alleenerlass, der für fünf Jahre verlängert wurde, ermöglicht es den Landkreisen, Tempo 70 an baumreichen Straßen anzuordnen. Neben den Alleen bereitet der Polizei der Güterverkehr Sorgen. Brandenburg sei Transitland, sagte Schröter. Der Güterverkehr aus Osteuropa werde weiter zunehmen.

Im Vorjahr starben 39 Menschen bei Lkw-Unfällen, darunter zwei Feuerwehrleute, die bei einem Einsatz auf der A2 bei Brandenburg/Havel ums Leben kamen. Sie wurden von einem umstürzenden Sattelzug erdrückt.

Manipulierte Fahrtenschreiber

Etwa 73 Prozent der mehr als 14 100 Unfälle, in die Lastwagen verwickelt waren, wurden von den Fahrern selbst verursacht. „Sie stehen häufig unter großem Druck“, sagte Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke. Nicht selten stelle die Polizei bei Kontrollen fest, dass Fahrtenschreiber manipuliert wurden, weil die Ruhezeiten nicht eingehalten werden konnten.

Nach seiner Beobachtung gebe es an den Autobahnen zu wenig Lkw-Parkplätze, ergänzte Minister Schröter. Viele Fahrer führen dann einfach weiter und ignorierten die vorgeschriebene Pause. Da müsse nachgebessert werden.

Besonders problematisch ist die Situation an Autobahnbaustellen. Im Vorjahr krachte es dort 2249 Mal – ein Plus von fast 175 Prozent. Unfallschwerpunkt ist dabei die A 10 bei Michendorf (Potsdam-Mittelmark). Die Autobahn wird an der Stelle von sechs auf acht Spuren ausgebaut. Wegen der engen Verkehrsführung an der Baustelle kommt es nicht nur fast täglich zu Staus, sondern auch zu Unfällen.

Häufiges Problem: Die Rettungskräfte kommen nicht oder nicht zügig zur Unfallstelle, weil Autofahrer keine Rettungsgasse bilden. Die Feuerwehr Bad Belzig musste Mitte Februar einen Rettungseinsatz abbrechen, weil auf dem Weg zu einem brennenden Auto auf der A 10 andere Fahrzeuge den Rettern den Weg versperrten.

Nach 40 Minuten im Stau ohne Rettungsgasse ordnete der Beelitzer Ortswehrführer den Abbruch des Einsatzes an. „Das ist ein unerträglicher Vorgang“, sagte Minister Schröter. Das Fehlverhalten der Autofahrer müsse „massivst geahndet werden“, so Schröter. Bei der nächsten Innenministerkonferenz werde er das Thema zur Sprache bringen. Das derzeitige Bußgeld von 200 bis maximal 320 Euro bei Nichtbeachtung reiche nicht aus. Er halte 1000 Euro für angemessen.

Marion Kaufmann

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