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Trotz Bruchlandung: Rosinenbomber soll wieder fliegen

Der Air Service Berlin will den notgelandeten Rosinenbomber reparieren – mit Spenden aus aller Welt. Andrej Hermlin und sein Swing Dance Orchestra unterstützen mit einem Benefizkonzert den Wiederaufbau der Unfallmaschine unterstützen. Die Behörden untersuchen das Wrack.

Jazz für einen Rosinenbomber. Der Berliner Bandleader Andrej Hermlin und sein Swing Dance Orchestra wollen mit einem Benefizkonzert den Wiederaufbau der vor einer Woche in Schönefeld notgelandeten DC-3 unterstützen. Auch „zahlreiche weitere Hilfsangebote aus aller Welt“ lägen bereits vor, sagte gestern der Chef der betroffenen Firma Air Service Berlin, Frank Hellberg. Man freut sich sehr über die „Welle der Unterstützung“ – und gründete am vergangenen Donnerstag jetzt sogar einen eigenen Verein, den „Förderverein Rosinenbomber Berlin“. Zu den Gründungsmitgliedern gehören Fans der Maschine sowie frühere, inzwischen pensionierte DC-3 Piloten.

Laut Hellberg hat eine erste Einschätzung fachkundiger Prüfer ergeben, „dass die bei der Bruchlandung stark beschädigte Maschine wieder aufgebaut werden kann“. Die Air Service Berlin hatte angekündigt, die Maschine, die während der Luftbrücke 1948/49 die Berliner versorgte und seitdem durchgehend geflogen wurde, zu reparieren. Man werde „alles daransetzen“, dies zu erreichen.

Als kleine Firma mit 22 Mitarbeitern sei Air Service Berlin aber auf Unterstützung angewiesen. Die Maschine sei ein historisches Unikat, die Berliner hätten ihr zugejubelt, als sie während der Luftbrücke Kohlen in die Stadt brachte. Frank Hellberg: „Wir haben eine Verantwortung für dieses wertvolle Stück. Dieser Rosinenbomber darf nicht auf dem Schrott der Geschichte landen.“ Laut Frank Hellberg gibt es Hilfsangebote aus zahlreichen Ländern rund um den Globus, aus den Vereinigten Staaten von Amerika, aus England, sogar aus Australien. DC-3-Besitzer bieten neuwertige Ersatzteile an, die Douglas-C-3 Fans sind offenbar über die ganze Welt vernetzt. Es gibt noch zahlreiche Flugzeuge dieses Typs, aber diese würden vor allem bei der Luftfotografie oder der Kontrolle von Verschmutzungen auf dem Meer eingesetzt. Eine Zulassung für den deutschen Luftraum haben sie nicht.

Die derzeit laufenden Untersuchungen der Bundesstelle für Flugunfalluntersuchung in Braunschweig an den Trümmern im Schönefelder Hangar von Air Service Berlin stünden dem Wiederaufbau nicht im Wege. Derzeit werden die Motoren untersucht, geprüft werden auch die Instrumente im Cockpit, um die Abläufe im Zusammenhang mit den Triebwerksproblemen rekonstruieren zu können. Am Rumpf und vielen anderen Teile könne man arbeiten, so Hellberg.

Bei den Untersuchungen nehmen die Prüfer detailliert sämtliche Flugzeugteile unter die Lupe, sagte Jens Friedemann, der bei der Flugunfall-Bundesstelle zuständige Leiter, dem Tagesspiegel. „Zunächst haben wir uns noch am vergangenen Sonnabend an der Unfallstelle auf der Baustelle des künftigen Großflughafens unter anderem die Triebwerke des Rosinenbombers angeschaut, beispielsweise die Zündkerzen untersucht“, sagt Friedemann. Das historische Fluggerät hatte, wie für die Maschine vorgesehen, nicht Kerosin, sondern „Avgas“ getankt, eine ähnliche Treibstoffmischung.

Nun prüfen die Experten sämtliche Hebel, Schalter, Anzeigen, Kabel: „Welcher Schalter wurde wann umgelegt? Hat der Pilot den Hebel beim Abflug, in der Luft vor oder nach dem Unglück, am Boden oder zufällig beim Aussteigen betätigt?“ Bei dem Unglück hatte Chefpilot Martin Müller das Leben der 28 Menschen an Bord mit einer gezielten Notlandung gerettet, nachdem das linke Triebwerk offenbar kurz nach dem Start ausgefallen und auch das rechte erheblich an Leistung verloren hatte – da war die Maschine schon auf eine Höhe von etwa 100 Meter gestiegen. Um herauszufinden, warum die Maschine versagte, werden auch die Piloten, die Feuerwehrleute, andere Anwesende detailliert befragt. Weil die nur wenige Jahre alten Triebwerke von „Pratt & Whitney“ amerikanischer Bauart sind, kooperieren die Bundesbehörden mit dem amerikanischen National Transport Safety Board, ist vom Untersuchungleiter Friedemann zu erfahren. Der zuständige Kollege in den Staaten verfolge gerade die ersten Ergebnisse der deutschen Prüfer.

Diese werden frühestens Anfang August eine erste Zwischenbilanz fertiggestellt haben. „Bis allerdings die genaue Unfallursache geklärt ist, wird sicher ein Jahr vergehen“, sagt der Experte. Er verweist darauf, dass sich der Bund diese staatliche Prüfstelle für den Flugverkehr – anders als beispielsweise beim Autoverkehr – leiste, um größtmögliche Sicherheit in der Luft zu gewährleisten. Nach den Erkenntnissen werden jeweils Empfehlungen für die Flugzeughersteller und Fluggesellschaften herausgegeben. Der Personalstamm hat allerdings mit den gerade laufenden Untersuchungen gut zu tun. Wenn ein schweres Unglück mit einem großen Verkehrsflugzeug passieren würde, müsste Friedemann sich vorrangig um diesen Fall kümmern.

Bei dem Unfall am vergangenen Sonnabend waren sieben Menschen verletzt worden. Den Passagieren wurde seelsorgerische und psychologische Hilfe angeboten. Die Piloten werden derzeit vom Arbeitgeber vor der Öffentlichkeit abgeschirmt.

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