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Schlangen Terrarium

© Uwe Steinert

Exotische Tiere: Tür an Tür mit der Riesenschlange

Die Haltung „gefährlicher Exoten“ soll in Wohngebäuden verboten werden. Trotz Genehmigungen und Einverständnis des Vermieters gibt es Streit um die gefährlichen Tiere. Terrarienfreunde wehren sich jetzt.

Die Giftschlangen-Farm in einem Plattenbau in Buch versetzte nicht nur die Nachbarn in helle Aufregung, auch die SPD-Fraktion im Abgeordnetenhaus sah Anfang dieses Jahres „Handlungsbedarf“. Ein Hobby-Reptilienzüchter war in den neunten Stock des Hauses gezogen – mit seinen Hornvipern und Levanteottern. Das Einverständnis des Vermieters sowie eine Sondererlaubnis des Veterinäramtes zur Haltung solcher gefährlichen Tiere hatte er. Gleichwohl liefen die anderen Mieter dagegen Sturm – bis heute ohne Erfolg. Das Abgeordnetenhaus hat den Fall auf Initiative der SPD nun aufgegriffen und fordert den Senat in einem gemeinsamen Antrag zum Durchgreifen auf. Die Haltung „gefährlicher exotischer Tiere“ soll in Mietshäusern künftig generell verboten werden.

Es geht um giftige Frösche, Schlangen, Vogelspinnen und Skorpione sowie um Riesenschlangen oder Krokodile, Warane, Leguane und Affen, die kräftig zubeißen können. Bereits seit Januar 2007 dürfen sie nur unter bestimmten Voraussetzungen gekauft und gehalten werden: Ihre Besitzer müssen unbescholten sein und ihre Sachkunde gegenüber dem Veterinäramt nachweisen; außerdem muss der Vermieter einverstanden sein. Ist dies gegeben, erteilt die Behörde eine Sondererlaubnis. Grundlage ist die Berliner „Verordnung über das Halten gefährlicher Tiere wildlebender Arten“. Die Veterinärämter erteilten bislang 57 Ausnahmegenehmigungen.

Diese Verordnung für Mietshäuser soll der Senat jetzt aber verschärfen. Eine Sondererlaubnis zu Kauf und Nachzucht soll es nur noch geben, wenn der Halter in einem Haus alleine wohnt. Für Tiere, die bereits in seinen Terrarien leben, ist allerdings ein „Bestandsschutz“ vorgesehen – er muss sie nicht abschaffen. Dabei geht es den Abgeordneten nicht allein um mögliche Gefahren, sondern auch um den Artenschutz. Der Import wildlebender Tiere nach Deutschland sei seit dem Jahr 2000 um mehr als 30 Prozent gestiegen, heißt es bei den Grünen.

„Exoten wie Schildkröten oder Äffchen sind schick. Wir bekommen das zu spüren“, bestätigt der Sprecher des Berliner Tierheimes, Marcel Gäding. Manche Arten würden sogar in Baumärkten verkauft. Gäding: „Die überforderten Halter bringen sie dann zu uns.“ Das Tierheim plant deshalb den Bau einer Exotenstation. Gefährliche Arten, die in Berlin seit diesem Jahr nur mit Sondererlaubnis erhältlich sind, werden allerdings selten beim Tierschutzverein abgegeben. Die Schar ihrer Liebhaber sei noch gering.

Das bestätigt die Gesundheitsverwaltung und teilt Beruhigendes mit. In den letzten 15 Jahren habe „kein entwichenes Gifttier die öffentliche Sicherheit gefährdet.“ Die Terrarien-Fachwelt hält die jüngste Parlaments-Initiative deshalb für übertrieben. Harald Endig vom „Reptilienpool“ in Prenzlauer Berg sagt: „Die Tiere kommen fast ausschließlich aus unserer Nachzucht und werden doch nur von fachkundigen Leuten erworben.“ Außerdem seien alle Skorpione als gefährlich eingestuft, „obwohl viele Regenwald-Skorpione ganz ungefährlich sind.“

Ähnlich argumentiert Martin Schmidt von der „Vogelspinnen AG Berlin“. Deren Mitglieder arbeiten mit Kitas zusammen, „damit sich die Kinder nicht mehr vor Spinnen ekeln und deren Wunderwelt bestaunen.“ Lediglich zwei Arten halten sie vom Nachwuchs fern. Aber auch deren Bisse seien nur etwas schlimmer als ein schmerzhafter Insektenstich.

Sollte die Pflege dieser Exemplare künftig in Mietshäusern verboten sein, können sich die Spinnenfreunde überlegen, ob sie ihr Hobby nach Brandenburg verlegen. Bundesweit gelten unterschiedliche Regelungen. In Brandenburg gibt es bislang keinerlei Haltungsverbote.

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