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Ob und wann Kitakinder geimpft werden, ist noch völlig unklar. Viele Eltern wünschen sich deshalb Luftfilter in Kitas.

© Kitty Kleist-Heinrich

„Ungleichbehandlung von Kindern und Erzieherinnen“: Berliner Kitas können Luftfilter-Förderung bekommen – zwei Bezirke weigern sich

Eltern bitten um die Anschaffung von Luftfiltern für landeseigene Kitas. Doch zwei Bezirke wollen keine Fördermittel beantragen – mit absurder Begründung.

Ist Gleichbehandlung wichtiger als Gesundheit? In Treptow-Köpenick und Neukölln ja. Eltern von Kindern, die Kitas des gemeinsamen landeseigenen Betriebs der Bezirke Neukölln und Treptow-Köpenick besuchen, haben das vom Treptow-Köpenicker Jugendstadtrat Gernot Klemm (Linke) mehr oder weniger schriftlich bekommen.

Wie der Tagesspiegel-Newsletter „Checkpoint“ am Freitag berichtete, hatten sich besorgte Eltern an den Eigenbetrieb „SüdOst“ gewandt und um die Anschaffung von Luftreinigungsgeräten gebeten, die virenbeladene Schwebeteilchen in der Raumluft filtern und unschädlich machen sollen.

Töpfe zur Finanzierung gäbe es mehrere: Neben einem mit 70 Millionen Euro bestückten Unterstützungsfond, den das Land Berlin im Februar aufgelegt hatte, können Einrichtungen für Kinder unter zwölf Jahren seit dem 11. Juni auch bis zu 500.000 Euro vom Bund für fest verbaute Luftfilteranlagen bekommen.

Aber nicht in Neukölln oder Treptow-Köpenick: Auch im Namen seines CDU-Kollegen aus Neukölln Falko Liecke schrieb Klemm in einer Mail, dass „eine Beschaffung von Luftfiltergeräten nicht erfolgt“. Begründung: „Die Beantragung von Fördermitteln wäre sicher möglich, würde jedoch nur einen Teil der Kosten abdecken und nicht alle Kitas könnten vollständig ausgestattet werden. Seit Gründung des Eigenbetriebs hat aber die Gleichbehandlung aller unserer Kitas in Neukölln und Treptow Köpenick oberste Priorität.“

Als daraufhin Eltern einer Kita mit deren Förderverein zusammenlegen und als Pilotprojekt wenigstens für die Gruppenräume Luftreinigungsmaschinen finanzieren wollten, lehnte der Eigenbetrieb „SüdOst“ erneut ab. Diese „vereinzelte Ausstattung einzelner Gruppenräume, sowohl in einer Kita, als auch auf alle Kitas unseres Eigenbetriebes bezogen“, führe zu „Ungleichbehandlung von Kindern und Erzieher:Innen“, hieß es in einer Mail an die Eltern.

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Woher das Linke-CDU-Gespann an Jugendstadträten die Idee hat, die Vermeidung von Infektionen mit dem Coronavirus müsse nach dem Gleichheitsprinzip und daher lieber gar nicht als nur teilweise geschehen, ist indes unklar – genau so wie die Frage, warum Fördermittel gar nicht erst beantragt wurden. Die Jugendverwaltung teilte dem Tagesspiegel am Freitag auf Anfrage mit: „Die Ausgangslagen der Kitas sind insoweit sehr unterschiedlich, unter anderem deshalb haben wir Antragsverfahren. Eine Ungleichbehandlung sehen wir daher nicht.“

Die Eltern haben Angst vor der Delta-Variante im Herbst

Auch eine Privatfinanzierung sei kein Problem: „Selbstverständlich ist es möglich, dass sich auch Eltern in Absprache mit den Kitaträgern und Einrichtungen im Zuge der Anschaffung von Geräten engagieren (wie im Schulbereich auch)“, hieß es aus der Verwaltung. Hinzu kommt, dass andere bezirkliche Eigenbetriebe wie „SüdWest“, in dem Tempelhof-Schöneberg und Steglitz-Zehlendorf organisiert sind, dem Vernehmen nach schon längst Luftreinigungsfilter für ihre Einrichtungen besorgt haben. Zu der Frage, ob sie in Sachen Luftfilter beim Prinzip „Gleichheit“ bleiben, wollen sich Klemm und Liecke nach Auskunft eines Sprechers Anfang der kommenden Woche äußern.

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Die Frage der Anschaffung von Luftreinigungsgeräten für Schulen und Kitas ist bundesweit heftig umstritten, die Länder gehen die Frage mit unterschiedlichem Elan an. Obwohl die Sommerferien in den meisten Ländern noch nicht angefangen haben, blicken Eltern allerdings jetzt schon mit Sorge auf die Rückkehr in die Schule und Kita im kommenden Herbst.

Grund ist die vermutlich hochansteckende Delta-Mutation des Coronavirus: Ob sie jüngere Kinder eher erkranken lässt als andere Varianten, ist zwar noch nicht klar. Sicher ist aber: Die Jüngsten werden nach den Sommerferien größtenteils ohne Impfschutz wieder zurück in Kita und Grundschule kehren. Nur für Kinder ab zwölf Jahren ist das Verabreichen der Corona-Schutzimpfungen überhaupt erlaubt, eine Empfehlung will die Ständige Impfkommission auch für sie noch nicht aussprechen.

Sollen sie trotzdem so gut wie möglich vor einer Ansteckung geschützt werden, sind Luftfilteranlagen eine wissenschaftlich abgesicherte gute Möglichkeit. Ansonsten heißt es wieder: Lüften, lüften, lüften. Und im Winter frieren.

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