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Zwei Autos des Carsharing-Anbieters Miles in Berlin.

© imago/photothek

Verdacht auf Betrug bei Parkgebühren: Unregelmäßigkeiten bei Berliner Carsharing-Anbieter Miles auch nach Hinweis der Behörden

Seit 2019 soll es Auffälligkeiten bei den gezahlten Parkgebühren für Miles-Fahrzeuge geben. Gespräche des Bezirks Mitte mit dem Unternehmen sollen daran nichts geändert haben.

Nach der Razzia bei Miles, einem der größten Carsharing-Anbieter Europas, werden mehr Details zu den Betrugsvorwürfen rund um Parkgebühren bekannt. Nach Tagesspiegel-Informationen alarmierte zuerst der Leiter des Ordnungsamts von Berlin-Mitte die Behörden.

Laut Polizei waren dort und bei der Polizei „signifikante Abweichungen bei der Zuverlässigkeit“ von Gebührenzahlungen aufgefallen. Auch gab es demnach eine außergewöhnlich hohe Zahl von Parkgebührenverstößen durch Miles-Fahrzeuge. Daraufhin seien Gespräche mit Miles geführt und das Unternehmen aufgefordert worden, die Unregelmäßigkeiten zu beheben. Dies sei aber nicht geschehen.

Die Staatsanwaltschaft Berlin beginnt nun mit der Auswertung der am Mittwoch beschlagnahmten Daten und Unterlagen. Der Verdacht steht im Raum, dass Miles in großem Stil bei der Abrechnung von Parkgebühren betrogen hat. Dabei soll dem Land Berlin ein Schaden von bis zu 30 Millionen Euro entstanden sein.  Die Senatsverwaltung will sich nicht äußern und verweist auf die Bezirke, die für die Parkraumbewirtschaftung zuständig sind. Inwieweit auch Unternehmen, mit denen Miles zusammenarbeitet, unter Verdacht stehen, ist offen.

Zunächst war man von technischen Fehlern ausgegangen

Hinweise, dass Miles womöglich nicht korrekt für die Nutzung von öffentlichem Parkraum bezahlte, gab es bereits seit 2019. „Zunächst hat man vermutet, dass es sich um technische Fehler handelte“, sagte Oberstaatsanwalt Sebastian Büchner am Donnerstag dem Tagesspiegel. Die Häufung der Fälle und ein Vergleich mit anderen Carsharingfirmen, die die gleiche Technik einsetzen, habe dann aber den Verdacht aufkommen lassen, dass bei Miles Fahrzeugdaten womöglich manipuliert wurden.

Durchsucht wurden am Mittwoch unter anderem die Geschäftsräume des nordrhein-westfälischen Technologie-Unternehmens Invers in Siegen. Dies bestätigte eine Sprecherin auf Nachfrage. Invers bietet nach eigenen Angaben Fahrzeug-Sharing-Technologie („Cloudboxx“) an, die von mehr als 450 Carsharing-Betreibern weltweit genutzt wird. „Gegen uns wird nicht ermittelt“, sagte die Sprecherin. „Wir liefern lediglich die Telematik-Daten – etwa GPS-Daten zum Fahrzeugstandort oder Tankfüllstände – an den Betreiber. Was dieser damit macht, entzieht sich unserer Verantwortung.“

Wird ein Carsharing-Fahrzeug eines Freefloating-Anbieters im öffentlichen Parkraum abgestellt, werden die vom Fahrzeug empfangenen Telemetriedaten automatisch per API-Schnittstelle an einen oder mehrere App-Anbieter für das Handyparken übermittelt. Diese ermitteln in Echtzeit die Parkgebühr, basierend auf Standzeit und -ort des Fahrzeugs, die anschließend vom App-Anbieter mit der Stadtverwaltung geteilt wird.

Formal Beschuldigte in dem Berliner Verfahren sind die beiden Miles-Geschäftsführer Oliver Mackprang und Eyvindur Kristjansson. Mackprang hatte in der Vergangenheit mehrfach die hohen Parkraumgebühren kritisiert, die in Berlin – anders als in anderen Städten – vollständig von den Carsharinganbietern entrichtet werden müssen. Das Unternehmen äußerte sich nicht weiter zu den laufenden Ermittlungen.

Die Auswertung der Daten könnte Monate dauern

Das Landeskriminalamt und die Kriminaltechnik werden die beschlagnahmten Daten nun auswerten. „Das kann mehrere Monate in Anspruch nehmen“, sagte Oberstaatsanwalt Büchner. „Wir stehen am Anfang der Ermittlungen.“ Erhärte sich der Betrugsverdacht, würden auch die beiden Geschäftsführer vernommen.

Der Miles-Wettbewerber Sharenow, der inzwischen zum Stellantis-Konzern gehört, distanzierte sich am Donnerstag von „jeglichen kriminellen Absichten und Manipulationstechniken“. Sharenow arbeitet wie Miles mit dem Technologieunternehmen Invers und Easypark zusammen. Bestätigt sich der Betrugsverdacht gegen Miles, wäre einer der Großen der Branche schwer beschädigt. Nach der Übernahme des VW-Carsharings (WeShare) verfügt Miles über eine Flotte von mehr als 16.000 Fahrzeugen in 14 europäischen Städten. Registriert sind mehr als zwei Millionen Kundinnen und Kunden.

Miles hatte erst kürzlich rund eine Million Euro Förderung des Bundesverkehrsministeriums für die Elektrifizierung seiner Flotte erhalten. Mit dem Geld soll die Anschaffung von 373 neuen E-Fahrzeugen unterstützt werden. Miles hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2025 die Hälfte seiner Fahrzeugflotte zu elektrifizieren und bis 2026 operativ emissionsneutral zu sein. Eine Reaktion des Ministeriums lag bis Donnerstagnachmittag nicht vor.

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