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100% Tempelhofer Feld heißt 0% Landesbibliothek.

© dpa

Volksentscheid Tempelhofer Feld: Keine Bebauung heißt auch keine ZLB

Leser fragen online, der Tagesspiegel antwortet. Wie beeinflusst die Abstimmung den Bau der ZLB? Ist der Bau überhaupt noch zu verhindern? Wir haben für Sie recherchiert.

In den Broschüren des Senats wird eine Freifläche in der Mitte versprochen, die unter anderem für „Sport“ genutzt werden soll? Was sind die geplanten Sportflächen?

Geplant ist ein „Sportpark“ am südostlichen Rand des Flugfeldes mit mehreren Sportfeldern. Ebenfalls dort soll eine „Skateranlage“ entstehen. Weitere Sportflächen sind im Norden des Feldes im Bereich des Columbiadamms geplant, zur Erweiterung der bestehenden Anlagen, die bereits die Alliierten angelegt hatten. Der Landessportbund spricht sich deshalb für eine Randbebauung aus.

Inwieweit beeinflusst das Abstimmungsergebnis den Bau der Zentral- und Landesbibliothek (ZLB)?

Falls die Abstimmung zugunsten der Initiative „100 % Tempelhofer Feld“ ausgeht, dann kann die ZLB vorerst nicht errichtet werden. Denn die Forderung der Initiative ist in Form eines Gesetzesentwurfs gegossen, der aufgrund des Volksbegehrens Rechtskraft erlangen würde. Dieser sieht vor, dass das Feld bestehen bleibt, so wie es ist. Es dürfen also weder Wohnungen noch Gewerbebauten entstehen – und auch keine Landesbibliothek.

Ist dieser Neubau überhaupt noch irgendwie zu verhindern?

Ja, wer sich gegen den Bau der ZLB aussprechen will, muss seine Stimme der Initiative „100 % Tempelhofer Feld“ geben. Ein doppeltes Nein reicht dazu nicht aus, weil dies zwar die bestehenden Pläne des Senats ausbremst, nicht aber eine „Bebauung light“, die aufgrund der bestehenden Machtverhältnisse im Abgeordnetenhaus mit einiger Sicherheit auch zur Errichtung der ZLB führen würde.

Warum findet man gar nichts über die ZLB in den Infobroschüren beider Seiten?

Weil die ZLB ein Projekt der Senatsverwaltung für Kultur ist und der Senator dieses Ressorts zugleich der Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit ist. Wowereit macht zwar keinen Hehl daraus, dass er die ZLB unbedingt will. Werbung wird für das Projekt aber nur vereinzelt von der ZLB-Verwaltung selbst gemacht. Die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung berücksichtigt den Standort der ZLB in ihrem Masterplan, hat aber vor allem den Bau der Miethäuser zur Entspannung der Wohnungsnot im Auge. Für die Initiative „100 % Tempelhofer Feld“ ist die ZLB vermutlich deshalb nachrangig, weil mit einem Votum gegen die Bebauung auch dieses Vorhaben kippen würde.

Wie steht es eigentlich um das geplante Wasserbecken auf dem Feld. Was spricht dafür, was dagegen?

Für das Becken spricht das Element: Wasser ist angenehm kühl und nass und lindert die Hitze im Sommer. Finanziell spricht für das Becken die Einsparung an Kosten für die Entwässerung des Airportgebäudes, die jährlich rund 150000 Euro kosten soll. Diese Summe sparen sich die Betreiber, indem das Regenwasser gefiltert und ins Becken gelenkt wird. Den Bau des Beckens finanzieren zum Teil Bund und EU, so dass die Investition für den Landeshaushalt überschaubar bleibt. Außerdem sollen nach Plänen des Betreibers auch Sportveranstaltungen im Becken stattfinden, etwa Surfwettbewerbe. Die Gegner des Beckens führen an, dass dadurch ein Teil der Fläche des Feldes abgeknapst wird und ein „Wall“ aufgeschüttet werden soll, der das Areal vom Airportgebäude abschottet. Letztlich diene das auch als erste Stufe für die Bebauung des Feldes, was der Senat vehement bestreitet.

Kommt das Wasserbecken jetzt noch im Masterplan des Senats vor?

Ja, es bleibt Bestandteil der Planungen und eine der ersten Maßnahmen für den Fall, dass der Gesetzentwurf der Bürgerinitiative scheitert.

Aus dem Ruhrgebiet erhielten wir folgende etwas philosophische Frage: Liegt die Glückseligkeit allein in einer Bebauung? Besteht die Gefahr, einen Dominoeffekt in Gang zu setzen?
Wo die Glückseligkeit auf dem Tempelhofer Feld tatsächlich liegt, konnten wir leider nicht herausfinden. Die einen sagen, nur mit einer Bebauung sei es möglich, den (sozialen) Frieden in der Hauptstadt zu wahren. Die anderen sind sich dagegen sicher, dass Glückseligkeit nur auf dem freien Feld zu finden sei. Eins ist aber sicher: Der Senat plant in seinem Stadtentwicklungskonzept 2030, an vielen weiteren Orten in der Stadt, rund 221 000 Wohnungen bauen zu lassen. Unter anderem in Lichterfelde Süd, am Mauerpark und in der Europacity nördlich des Hauptbahnhofs. Auch dort regt sich überall Widerstand von Anwohnern, auch dort wird die Bebauung mit Wohnungsnot und steigenden Mieten verteidigt. Der Volksentscheid hat auf diese Projekte zwar keinen direkten Einfluss, richtungsweisend können die Berliner am 25. Mai aber über den Einklang von Freifläche und Wohngrund abstimmen.

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