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Reif für die Ferien. Parlamentspräsident Walter Momper (SPD) folgt der Rede der Linken-Abgeordneten Evrim Baba-Sommer. Man sieht sich wieder im Wahlkampf.

© Davids

Vorletzte Sitzung im Abgeordnetenhaus: Gut aussehen vor dem Urlaub – und vor der Wahl

Vorsichtige Debatten vor dem Abschied in die Sommerferien: Im Berliner Parlament möchte es sich niemand mit dem möglichen Koalitionspartner verderben. Wer weiß schon wie die Wahlen ausgehen?

Solche Fragen liebt der Bildungssenator. Da sei Berlin sicherlich der „Vater dieses Konzepts“, kann Jürgen Zöllner (SPD) stolz antworten. Die SPD-Abgeordnete Tesch wollte wissen, wie er die neuen Pläne der Bundes-CDU bewertet, die Hauptschule abzuschaffen zugunsten eines zweigliedrigen Systems von Gymnasium und einer irgendwie gearteten Sekundarschule. So etwas nennt man auf dem Fußballfeld eine Steilvorlage, im Berliner Abgeordnetenhaus muss man das wohl unter Wahlkampfzeit abbuchen. Was das mit Berlin zu tun hat? Egal. So ist es eben, wenn in knapp drei Monaten ein neues Parlament gewählt wird und die Abgeordneten zum letzten Mal vor der Sommerpause zusammenkommen. Dass der Senat den CDU-Abgeordneten Michael Braun vor kurzem noch beschied, Fragen zu Wahlprogrammen anderer Parteien würden nicht beantwortet – geschenkt. Jetzt gilt es, die eigenen Leute aufs Beste herauszustellen. Da darf auch der nach dem Wahltag scheidende Bildungssenator noch einmal glänzen.

Gut aussehen, drei Monate vor dem Wahltermin, gibt den Ton vor für den Parlamentstag. Deswegen schlenzt sich das Regierungslager elegant bis plump die Vorlagen für einige Polit-Dribblings zu, deswegen gibt es die Fragen über Bande an den politischen Gegner und auch die vergifteten Fragen, die harmlos daherkommen. Und wer wissen will, wer nach der Wahl mit wem zusammenarbeiten könnte, der muss nur zuhören. Erkennbar steht für manchen nicht der Kampf um die Stimmen der Bürger im Vordergrund, sondern das Bemühen, es sich nicht ganz zu verderben. Wer weiß, wer welchen Partner nach der Wahl noch brauchen kann.

Auch die CDU ist nicht ganz frei davon, Opposition im Schongang zu betreiben. Die Christdemokraten haben zwar einerseits in einigen Außenbezirken die Eigenheimbesitzer aufgerufen, ins Parlament zu kommen, um ihrem Antrag zur Abschaffung des von Häuslebesitzern wegen der gravierenden Kosten gefürchteten „Straßenausbaubeitragsgesetzes“ viel Nachdruck zu verleihen. Andererseits aber lässt man es oppositionsmäßig nicht krachen. Aus der Fraktion ist zu hören, dass Klaus Wowereit in den vergangenen zehn Jahren nicht so höflich zu den Christdemokraten war wie gerade jetzt. Es könnte ja sein, dass die SPD nach der Wahl noch einen Partner benötigt, falls die Grünen vorne liegen oder sich zickig anstellen wie 2006, als eine rot-grüne Koalition schon einmal scheiterte. Der Unterbau muss stimmen, heißt es deswegen bezeichnend aus der CDU-Fraktion: Wowereit wolle sich doch nicht ständig mit den Grünen um alles streiten müssen.

Und auch die Linke, die es angesichts ihrer schlechten Umfragewerte eigentlich gebrauchen könnte, verzichtet auf Profilierung und zeigt sich als Regierungspartner. Finanzsenator Ulrich Nußbaum (für die SPD) darf deswegen auf Fragevorlage aus der Linksfraktion über den gescheiterten Angriff der schwarz-gelben Bundesregierung auf die Gewerbesteuer dozieren und die jüngsten Steuersenkungsversprechungen unverantwortlich nennen. Aus den Reihen von FDP und CDU wird mit Ironie in der Stimme für die ausführliche Antwort gedankt.

Gemeinsam pauken SPD und Linke auch eine aktuelle Stunde zum Thema „Berlin ist Hauptstadt der Integration – 50 Jahre Anwerbeabkommen mit der Türkei“ durch. Es ist wohl Zufall, dass sich just zu diesem Zeitpunkt die vorher vollbesetzte Senatorenbank lichtet. Der Regierende Bürgermeister ist bis zum späten Nachmittag eh entschuldigt – er hat das japanische Kronprinzenpaar zu Gast.

Plötzlich blitzen rot-grüne Gemeinsamkeiten auf

Es bleibt den Liberalen, die bei der Wahl am 18. September um den Wiedereinzug ins Abgeordnetenhaus bangen, überlassen, ohne Rücksicht zu agieren. Nußbaums Antwort auf eine harmlos daherkommende Frage von Fraktions- und Parteichef Christoph Meyer lässt rot-grüne Gemeinsamkeiten aufblitzen. Denn Nußbaum positioniert sich nicht gegen eine von den Grünen geplante Erhöhung der Grunderwerbssteuer, sondern merkt nur an, man werde schauen, ob diese Erhöhung ein Beitrag zur verbesserten Haushaltslage sein könne. Der grüne Fraktionschef Volker Ratzmann hört genau zu. Und noch genauer, als der Finanzsenator den eigenen Wirtschaftssenator Harald Wolf (Linke) rügt. Der trage Mitschuld an den schwierigen Verhandlungen über den Rückkauf von Anteilen an den Wasserbetrieben, weil dieser das Bundeskartellamt eingeschaltet habe, um die Höhe der Wasserpreise überprüfen zu lassen. Senator Wolf reagiert nicht. Nur sein Aktenstudium holpert kurz.

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