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Berlin: Was steckt hinter der Fassade?

Der „Islamische Verein für wohltätige Projekte“will in Kreuzberg bauen. Er gibt sich liberaler als er ist, sagen Experten

Von Stephan Wiehler

und Lars von Törne

Allah zu Ehren scheuen die Bauherren der neuen Moschee an der Skalitzer Straße in Kreuzberg weder Kosten noch Größe. Weithin sichtbar sollen die vier Minarette über dem siebengeschossigen Neubau auf dem Eckgrundstück Manteuffelstraße in den Kreuzberger Himmel ragen. Der Neubau soll über eine Nutzungsfläche von 7000 Quadratmeter verfügen. Der Großteil ist dem Gebetsraum für 250 Menschen vorbehalten, der sich über drei Geschosse erstrecken soll.

Doch über den „Islamischen Verein für wohltätige Projekte“, der das Gebetshaus mit Ladenzeile, Büros und Seminarräumen finanzieren will, ist nur wenig zu erfahren.

Der Verein bestehe seit der Jahreswende 1995/96 und sei eine unabhängige Einrichtung sunnitischer Muslime, erklärt Vereinssprecher und Vorstandsmitglied Birol Ucan. Bisher residiert der Verein in einer Fabriketage in der Skalitzer Straße 33, bietet Seminare über islamische Religionslehre und arabische Sprachkurse an. Männer und Frauen können gemeinsam teilnehmen, auch im Gebetsraum gebe es keine Geschlechtertrennung, betont Ucan. Das Haus stehe allen Interessierten offen, ob Araber, Türken oder Deutschen. „Wir vertreten einen gemäßigten Weg des Islam und grenzen uns bewusst von fundamentalistischen Tendenzen ab“, sagt der 29-jährige türkischstämmige Deutsche, der in Berlin geboren wurde. Ähnlich sieht das auch Kreuzbergs Baustadtrat Franz Schulz (Grüne), der die Gruppierung als „liberal“ einschätzt und den endgültigen Bauantrag für den Moschee-Neubau im Frühjahr kommenden Jahres erwartet.

Experten sehen das anders. Kenner der Szene bescheinigen der Gruppe eine „sektenähnliche Doktrin“. Der „islamische Verein für wohltätige Zwecke“ gilt als deutscher Ableger einer französischen Gruppe mit dem Namen „Habaschi“, die 1983 im Libanon gegründet wurde. Der Verein sei „zwar nicht eindeutig islamistisch und kämpfe auch nicht für einen Gottesstaat“, sei aber „auch nicht so liberal, wie er sich darstellt“.

Innerhalb der muslimischen Gemeinschaft Berlins ist der Verein bisher kaum in Erscheinung getreten. Wie viele Mitglieder der Verein zählt, weiß auch Sprecher Ucan nicht zu sagen. „Das ist bei uns anders als im deutschen Vereinswesen“, erklärt er. „Um an unseren Veranstaltungen teilzunehmen, muss man nicht Mitglied bei uns werden.“ Trotz solcher Ungewissheiten zeigt sich Ucan zuversichtlich, dass der Verein die Kosten von rund 10 Millionen Euro für den Moschee-Neubau allein aus Spendengeldern aufbringen werde – und das, obwohl es einzelne Großspender nicht gebe. „Der Bau wird ein Schmuckstück für die ganze Umgebung“, schwärmt Ucan. „Dafür werden die Leute gerne Geld geben.“

Auch beim Türkischen Bund, der nicht-religiösen Interessenvertretung von Türken in Berlin, ist der Verein bisher unbekannt. Safter Cinar, Sprecher des Bundes, begrüßte jedoch den geplanten Moschee-Neubau, da Berlin seinen rund 220 000 muslimischen Bewohnern mit rund 70 Moscheen kaum ausreichend Raum für die Ausübung ihrer Religion zu bieten habe. Bislang führten die meisten Muslime in Berlin ein Schattendasein in den zahlreichen provisorisch eingerichteten Gebetsräumen, die sich häufig „irgendwo in einem Hinterhof“ befänden.

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