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Dieses Bild postete Sarmad A. auf Facebook. Mit diesem Auto rammte er später mehrere Motorradfahrer auf der A100.

© Facebook/Sarmad A.

Wer ist der Täter von der Berliner Stadtautobahn?: Sarmad A. – zwischen Fanatismus und psychischer Störung

Der irakische Attentäter ist schwer zu begreifen. Schon 2018 fiel er im Flüchtlingsheim mit Gewalt und irrem Gehabe auf.

Von Frank Jansen

Er wollte Menschen töten und nutzte ein Fahrzeug, wie es islamistische Terroristen häufig tun. Der Angriff von Sarmad A. erinnert an den Anschlag von Anis Amri auf den Weihnachtsmarkt am Breitscheidplatz, auch wenn dieser ein erheblich größeres Fahrzeug als Waffe einsetzte, einen Truck. Doch während bei Amri klar ist, dass er für die Terrormiliz „Islamischer Staat“ morden wollte, wirkt die Tat von Sarmad A. wirr.

Nach der dritten Attacke auf Motorradfahrer rollte Sarmad A. auf der Stadtautobahn im Unfallchaos einen Gebetsteppich aus und begann zu beten. Womöglich mischen sich bei dem Mann aus dem Irak psychische Störung und politischer Fanatismus.

In Sicherheitskreisen hieß es, eine Unterbringung in der geschlossenen Psychiatrie komme auch in Frage.

Über den Täter ist bislang bekannt, dass er 1990 in Bagdad geboren wurde und bis Oktober 2019 in Treptow-Köpenick in einer Flüchtlingsunterkunft lebte. Dort fiel er im August 2018 mit einer Körperverletzung auf. Sarmad A. bedrohte dann auch die herbeigerufenen Polizisten.

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Und er habe, sagen Sicherheitskreise, auch damals einen Gebetsteppich ausgerollt. Das Verfahren endete damals mit einem Freispruch wegen phasenweiser Schuldunfähigkeit, sagte Generalstaatsanwältin Margarete Koppers am Mittwoch im Rechtsausschuss des Abgeordnetenhauses. Sarmad A. sei in die Psychiatrie gebracht worden, dort aber nicht lange geblieben. Warum er bald wieder herauskam, bleibt unklar.

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Kontakt zu einem islamistischen Gefährder

In der Flüchtlingsunterkunft könnte sich der Iraker radikalisiert haben. Sarmad A. habe Kontakt zu einem islamistischen Gefährder unterhalten, der sich auch im Heim aufhält, sagten Sicherheitskreise. Bei dem Gefährder handele es sich um einen Anhänger der Terrormiliz IS. Die Ermittler untersuchen, ob dieser Mann Sarmad A. zum Angriff auf die Stadtautobahn angestachelt hat.

Bei Facebook das Wort "Märtyrer" und ein Autosymbol

Sarmad A. war bei Facebook, seine Seite ist inzwischen abgeschaltet. Auf den vom Tagesspiegel gesicherten Einträgen und Abbildungen ist der junge Mann unter anderem mit seinem Wagen zu sehen, einem schwarzen Opel.

Über einem Foto des Wagens steht auf Arabisch, „wir gehen in Palästina Freitag Allahu Akbar lieb Allah und Allah ist auf und ich sage Märtyrer“. So lautet zumindest die deutsche Übersetzung auf Facebook. Neben dem Wort „Märtyrer“ ist ein kleines Autosymbol eingestellt. Möglicherweise ein Hinweis, dass Sarmad A. einen Selbstmordanschlag mit einem Fahrzeug plante.

Gezielt Motorräder gerammt. Mit dem Wagen versuchte Sarmad A., auf der Berliner Stadtautobahn Menschen zu töten
Gezielt Motorräder gerammt. Mit dem Wagen versuchte Sarmad A., auf der Berliner Stadtautobahn Menschen zu töten

© Paul Zinken/dpa

Selfie vor dem Angriff

In der islamistischen Terrorszene werden Attentäter, die beim Anschlag sterben, als „Märtyrer“ verherrlicht. Sarmad A. posiert mit einer gehäkelten Kappe, wie sie bei gläubigen Muslimen üblich ist. Der Blick in die Kamera wirkt entschlossen, aber nicht aufgeregt. Ohne die Tat wäre Sarmad A. auf dem Foto nur ein junger Iraker mit Vollbart und rotem Polohemd. Womöglich hat er das Bild aber bewusst aufgenommen, um sich für den Anschlag zu inszenieren.

Bilder von schweren Wagen und einem Stofftier

Die Facebook-Seite erscheint vor allem pubertär. Sarmad A. posiert mit einem blauen Motorrad. Auf einem Foto hat entweder er oder ein anderer Fahrer die Maschine so hochgezogen, dass sie auf dem Hinterrad zu stehen scheint.

Der Tatverdächtige soll gezielt „Jagd“ auf Motorradfahrer gemacht haben. Auf seinem Facebook-Profil ist er selbst auf einem zu sehen.
Der Tatverdächtige soll gezielt „Jagd“ auf Motorradfahrer gemacht haben. Auf seinem Facebook-Profil ist er selbst auf einem zu sehen.

© Facebook/Sarmad A.

Der Iraker scheint sich zudem für schwere Wagen zu interessieren. Zu sehen sind SUVs, eine viertürige silberne Limousine, ein Oldtimer unter Palmen und ein offenkundig schwer getuntes, schwarzes Fahrzeug wie aus einem Ballerfilm.

Auf einer Bildmontage drückt ein Sensenmann an einem Tacho die Nadel in Richtung 160. Sarmad A. hat zudem ein Foto von sich mit der palästinensischen Fahne unterlegt. Auf weiteren Bildern sind ein Bambi-Stofftier zu sehen, ein Prediger und kleine Kinder, zwei verschleierte Frauen mit einem Mädchen, Tafeln mit arabischen Sprüchen.

Und häufig Sarmad A. selbst. Ein junger Mann, der Vollbart ist gestutzt, die Haare an den Schläfen runterrasiert, das schwarze Haupthaar wellig. Was Sarmad A. getrieben haben könnte, in Berlin auf Menschen zu rasen, erschließt sich, zumindest auf den ersten Blick, nicht. (mit dpa)

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