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Seit Jahrzehnten überwuchert: Die Wagenhalle des Technikmuseums in Kreuzberg. 

© Jörn Hasselmann

Exklusiv

Wiederaufbau der Wagenhalle in Berlin geplatzt: Kultursenator streicht Technikmuseum Gelder – um die SPD zu ärgern?

Einen Millionenbetrag hat der linke Kultursenator Klaus Lederer dem Technikmuseum gestrichen. Dem Vernehmen nach, um dem Koalitionspartner eins auszuwischen. 

Seit fast 40 Jahren gibt es das Technikmuseum auf dem Gelände des früheren Betriebswerks des Anhalter Bahnhof in Kreuzberg. Nun ist den Museumsleuten ein fast eben so alter Traum geplatzt: Kultursenator Klaus Lederer (Linke) hat 13 Millionen Euro für den Wiederaufbau einer alten Wagenhalle plötzlich gestrichen – aber nicht als Teil einer generellen Einsparwelle. Getroffen hat es einzig das Technikmuseum.

Die Frage, ob es bei anderen Museen Streichungen gab, beantwortete der Sprecher des Kultursenators dem Tagesspiegel so: „Ein klares Nein.“ Im Gegenteil, andere Museen dürfen sich über „weitere Aufwüchse“ freuen, wie Daniel Bartsch weiter sagte.

Dem Vernehmen nach wollte Lederer nur seinen Koalitionspartner ärgern – die Wagenhalle gilt als SPD-Projekt. Fraktionschef Raed Saleh hatte sich die Ruine im Gleisdreieckpark selbst angesehen, als das Museum den Wiederaufbau feierte. „Jeder Cent ist gut angelegt“, zitierte ihn die „B.Z.“ im Dezember 2019.

Das Technikmuseum hatte dazu mitgeteilt: „Mit Mitteln des Landes Berlin in Höhe von 13 Millionen Euro soll das Gebäude bis Ende 2023 realisiert werden.“ In der Halle wurden einst Reisezugwagen für den Anhalter Bahnhof gereinigt, der Proviant für die Speisewagen aufgefüllt und die legendären Schnelltriebwagen der 30er Jahre, die so genannten „Fliegenden Züge“ abgestellt.

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Und genau solch einen Zug sollte in dem Erweiterungsbau ausgestellt werden, das Museum hat eine Zusage des Konzerns Alstom für einen „Fliegenden Kölner“ aus dem Werksmuseum in Salzgitter. Alstom hatte mit der Übernahme von Bombardier auch die Sammlung des früheren Herstellers Linke-Hofmann-Busch übernommen. 

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Auf vier Gleisen sollten in der 60 Meter langen Halle Züge ausgestellt werden. Nach Angaben des Museums sollte dort auch die bekannteste S-Bahn-Baureihe Berlins ausgestellt werden, der so genannte „Stadtbahner“. Doch dafür gibt es keinen Cent. 

SPD-Haushaltspolitiker Sven Heinemann ist empört. „Es ist ein beispielloser Vorgang, dass ein Beschluss des Haushaltsgesetzgebers in dieser Weise missachtet wird.“ Heinemann kündigte an, die Entscheidung nach der Wahl zu korrigieren. „Das Geld war dem Museum fest zugesagt“, betont der SPD-Parlamentarier. Laut Parlamentsprotokoll sei die Abstimmung im Parlament am 29. November 2019 einstimmig erfolgt. Nach Heinemanns Angaben sei damals ein gemeinsam von den drei Koalitionsparteien geschnürtes Paket über 500 Millionen beschlossen worden.

Wiederaufbau würde Museum zum Gleisdreieckpark öffnen

Die Kulturverwaltung behauptet nun, dass das Projekt „ keinen Eingang in die vom Senat beschlossene Investitionsplanung“ gefunden habe. Schlicht falsch sei dies, sagt Heinemann. Ein Blick in den Doppelhaushalt 2020/21 beweist, dass unter dem Titel „89448 Zuschuss an die Stiftung Deutsches Technikmuseum“ die 13 Millionen enthalten waren.

Heinemann ist nicht nur Haushaltspolitiker, er ist auch Eisenbahnfan und -fachmann. Gerade hat er ein dickes Buch zur Geschichte der Berliner Ringbahn veröffentlicht. Der Wiederaufbau des im Krieg zerstörten Schuppens würde das Museum endlich zum Gleisdreieckpark öffnen. Das Museum plante dort einen zweiten Eingang. Für Heinemann ist das Projekt auch touristisch wichtig. Über 635.000 Besucher kamen im Jahr 2019.

„Andere Großstädte schlafen nicht“, sagt Heinemann, in München zum Beispiel habe das Deutsche Museum kürzlich eine Außenstelle, unter anderem für Eisenbahnen, auf der Theresienwiese eröffnet.


Erst 1983 war das Verkehrsmuseum in dem Lokschuppen des früheren Anhalter Bahnhofs eröffnet worden. Viele Gebäude waren damals Ruinen, so wie sie die südlich gelegene Halle heute noch ist. Sie ist aus Sicherheitsgründen eingezäunt. Entworfen wurde das Betriebswerk von Franz Schwechten – dem weltberühmten Architekten, der auch die riesige Halle des Anhalter Bahnhofs entworfen hatte, ebenso die Kaiser-Wilhelm-Gedächtniskirche.

Der Sprecher von Lederer verwies darauf, dass man statt der Halle bei der Finanzverwaltung das für die Weiterentwicklung des Museums „strategisch wichtige(re) Vorhaben ’Neubau eines Eingangsgebäudes’ absichern“ konnte. „Augenwischerei“, kommentierte der SPD-Abgeordnete Heinemann diese Jahrzehnte alte Idee.

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