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Nach dem Brand im Geflüchtetencamp Moria auf dem griechischen Lesbos sind mehr als 10.000 Menschen obdachlos.

© REUTERS/Alkis Konstantinidis

"Wir haben Platz!" in Berlin: Bündnis plant Großdemonstration für Geflüchtete aus Moria

Auch eine Woche nach dem verheerenden Brand auf Lesbos ist unklar, was mit den mehr als 10.000 obdachlosen Menschen passieren soll.

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Vor dem Hintergrund des Ringens um eine Lösung im Umgang mit Geflüchteten auf der griechischen Insel Lesbos planen Flüchtlings- und Sozialverbände eine Großdemonstration in Berlin. Unter dem Titel "Es reicht! Wir haben Platz" fordert ein breites Bündnis die sofortige Evakuierung aller griechischen Lager nach dem Brand in Moria. Zur Teilnahme an der Demonstration aufgerufen haben unter anderem das Aktionsbündnis Antirassismus, die Initiativen We’ll Come United und Europe Must Act sowie der Flüchtlingsrat Berlin, der Paritätische Wohlfahrtsverband, ProAsyl oder die Seebrücke Berlin.

Für den am kommenden Sonntag um 14 Uhr am Wittenbergplatz startenden Protestzug sind laut Angaben der Veranstalter bislang 3000 Teilnehmer angemeldet. Weil das Bündnis aktuell noch anwächst, rechnen die Organisatoren mit bis 10.000 oder mehr Demonstranten.

Bereits am vergangenen Mittwoch, dem Tag nach dem verheerenden Brand im Flüchtlingslager von Moria, hatten sich bundesweit Zehntausende Menschen versammelt, um für eine humanitäre Lösung im Umgang mit den obdachlos gewordenen Menschen zu demonstrieren. In Berlin gingen laut Angaben der Polizei rund 3000 Menschen auf die Straße, die Organisatoren sprachen von 10.000 Teilnehmern.

Im am Dienstagvormittag verschickten Aufruf für die Demonstration am Sonntag heißt es, "die katastrophalen Bedingungen in Moria und anderen Lagern" seien lange bekannt, die aktuelle Situation gleiche "einer Eskalation, die vorhersehbar war". Vera Magali Keller von den Organisationen "Sea Watch" und "Fenix" und aktuell auf Lesbos sagte: „Seit Tagen müssen die Menschen hier auf der Straße leben. Sie haben so gut wie keinen Zugang zu medizinischer Unterstützung, Wasser oder Essen." Sie bezeichnete das Leid der Menschen als "Teil einer Zermürbungstaktik, damit die Menschen wieder in ein geschlossenes Camp gehen.“

Andere Vertreter des Bündnisses forderten die Bundesregierung und insbesondere den Innenminister Horts Seehofer (CSU) dazu auf, "die Aufnahmebereitschaft der Kommunen und Länder nicht länger zu blockieren." "Ein weiteres Moria darf es nicht geben”, heißt es in dem Aufruf" mit Blick auf Pläne der Europäischen Union, erneut ein Flüchtlingslager wie das zuletzt bei einem Brand vollkommen zerstörte auf der Insel Lesbos zu errichten.

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Zwei Tage vor der geplanten Demonstration, am kommenden Freitag, könnte im Bundesrat ein Gesetzesantrag von Berlin und Thüringen zur Entscheidung anstehen. Beide Länder wollen den Paragraf 23 Abs. 1 des Aufenthaltsgesetzes (AufenthG) ändern. Dieser ermöglicht die humanitäre Aufnahme von Geflüchteten auf Grundlage einer Aufnahmeanordnung durch die obersten Landesbehörden. Nach der aktuellen Regelung bedarf es für eine solche Anordnung der obersten Landesbehörde des Einvernehmens des Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat (BMI) (§ 23 Abs. 1 S. 3 AufenthG).

In der Praxis hat sich trotz der engen Zusammenarbeit der beteiligten Behörden gezeigt, dass sich die Aufnahme von Menschen in Not (z.B. von Seenotrettungsflüchtlingen) nicht effektiv genug umsetzen lässt. Mit der geplanten Änderung wird die Einvernehmenserfordernis des BMI im Rahmen von Aufenthaltsgewährung durch die obersten Landesbehörden abgeschafft. Stattdessen wird § 23 Abs. 1 S. 3 dahingehend geändert, dass für eine humanitäre Aufnahme künftig nur das Benehmen des BMI ausreicht.
Es kann sein, dass der Antrag aber wieder zurückgezogen wird, sollte nach den Vorgesprächen feststehen, dass der Antrag keine Mehrheit findet. Bisher ist allerdings geplant, dass Innensenator Andreas Geisel (SPD) im Bundesrat dazu spricht. Geisel wiederum war am Montag zu einer dreitägigen Reise nach Athen aufgebrochen, um Hilfsmöglichkeiten für die teilweise seit Monaten oder gar Jahren auf den griechischen Inseln ausharrenden Geflüchteten auszuloten.

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