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Die Vonovia-Zentrale in Bochum.

© Ina FASSBENDER/AFP

Wohnungen, Lage, Kaufpreis: Gericht verpflichtet Land Berlin zu Auskünften über Vonovia-Deal

Die Finanzverwaltung muss das Portal „FragdenStaat.de“ Details zum geplanten Kauf von 14.000 Wohnungen nennen. Das entschied das Verwaltungsgericht. 

Der geplante Kauf von mehr als 14.000 Wohnungen aus Beständen der Immobilienkonzerne Deutsche Wohnen und Vonovia durch das Land Berlin ist selbst in der rot-rot-grünen Koalition umstritten. Linke und Grüne werfen der Finanzverwaltung unter SPD-Senator Matthias Kollatz vor, das Geschäft ohne ausreichende Beteiligung des Parlaments anzubahnen.

Weitere Details dürften nun durch eine erfolgreiche Eilklage des Portals "FragdenStaat.de" ans Licht kommen. Das Verwaltungsgericht Berlin verpflichtete die Finanzverwaltung mit einem Eilbeschluss vom Dienstag dazu, dem Portal, vertreten durch den Journalisten Arne Semsrott, Auskünfte über zahlreiche Einzelheiten des Deals zu geben. Es stützte seine Entscheidung auf den presserechtlichen Auskunftsanspruch. Das geht aus dem Wortlaut hervor, den "FragdenStaat.de" am Mittwoch veröffentlichte.

Demnach muss die Verwaltung dem Portal mitteilen, welche Wohnungsbestände nach Größe, Ausstattung und Standard das Land übernehmen möchte, um welche Wohnlagen es geht, welcher Preis dafür zumindest vorläufig vereinbart wurde und welche Leistungen das Land neben dem Kaufpreis noch erbringen soll.

Das Land hatte dagegen vorgebracht, solche Auskünfte könnten den Abschluss des Geschäfts noch gefährden. Doch das sah das Gericht anders, denn "wesentliche Umstände" des Geschäfts seien bereits Gegenstand der öffentlichen Berichterstattung gewesen oder sogar von der Verwaltung selbst bekanntgegeben worden - wie die Ankündigung, den Kauf bald besiegeln zu wollen.

Gericht: Weitere Auskünfte dürften Geschäft nicht mehr gefährden

Die Finanzverwaltung hatte selbst erst am Montag mitgeteilt, das Geschäft Ende der Woche notariell beurkunden lassen zu wollen, nachdem die Aufsichtsgremien der drei landeseigenen Wohnungsfirmen Berlinovo, Degewo und Howoge zugestimmt hatten.

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Das Gericht verwies in seinem Beschluss auch auf einen RBB-Bericht vom Dienstag, demzufolge die meisten Wohnungen in Spandau, Steglitz-Zehlendorf, Neukölln, Reinickendorf und Friedrichshain-Kreuzberg liegen sollen. Wie der RBB hatte auch der Tagesspiegel zuvor über einen Kaufpreis von 2,4 Milliarden Euro berichtet.

"Vor diesem Hintergrund ist wenig wahrscheinlich, dass die begehrte Auskunft noch einen Abschluss des Immobiliengeschäfts verhindern könnte", befand das Verwaltungsgericht. Dem Auskunftsanspruch der Presse maß die Kammer demgegenüber größeres Gewicht bei. Schließlich gehe es bei dem Geschäft um öffentliche Mittel "in großem Umfang" und deren "sachgerechte Verwendung".

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Sie begründete ihre Eilentscheidung auch "mit der im Wahlkampf erörterten Frage nach bezahlbarem Wohnraum und dem bevorstehenden Volksentscheid" über die Enteignung großer Immobilienkonzerne wie Deutsche Wohnen und Vonovia.

Kein Eilanspruch auf Einsicht in Verträge und Vereinbarungen

Bei einem weitergehenden Antrag von "FragdenStaat.de" sah das Gericht jedoch keine Eile. Semsrott hatte vor allem unter Berufung auf das Informationsfreiheitsgesetz vor allem verlangt, die Verträge und alle sonstigen Vereinbarungen des Landes mit Deutsche Wohnen und Vonovia einsehen zu können. Dies könne er nicht auf sein journalistisches Interesse stützen, erklärten die Richter. Und sein persönliches Interesse, noch vor der Wahl Einsicht zu bekommen, rechtfertige noch keine Eilentscheidung. Sein Wahlrecht könne Semsrott auch ohne die Einsicht in die Unterlagen "effektiv" ausüben.

Der Haken für "FragdenStaat.de": Auch die hilfsweise gestellten Fragen zu Beständen, Lage, Preis und Nebenabreden muss die Finanzverwaltung nicht sofort beantworten. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts kann sie noch Beschwerde beim Oberverwaltungsgericht einlegen. Dafür hat sie zwei Wochen Zeit - also bis nach der Wahl am 26. September.

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