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Die meisten Ferienwohnungen Berlins befinden sich in Mitte, Kreuzberg und Neukölln. Am 1. Mai wurde das Zweckentfremdungsverbot erlassen – noch greift es nicht.

© Kai-Uwe Heinrich

Wohnungsnot in Berlin: Mitte ermittelt nicht gegen illegale Ferienwohnungen

Im Bezirk gibt es erhebliche Zweifel an einer zentralen Behörde, die illegale Ferienwohnungen aufspüren soll. Deshalb liegt das Vorhaben jetzt erst einmal brach.

Der Kampf gegen Ferienwohnungen wird weiterhin mit stumpfen Schwertern ausgefochten. Drei Wochen nach Inkrafttreten der Zweckentfremdungsverbotsverordnung gibt es noch keine Behörde, die das Verbot durchsetzt. Zwar gilt eine Übergangsfrist von zwei Jahren, aber theoretisch können Ferienwohnungsbetreiber schon jetzt Anträge auf Genehmigung stellen, die dann unbearbeitet liegen bleiben. Mittes Stadtrat Stephan von Dassel (Grüne) will eine zentrale Behörde aufbauen, die Anträge und Hinweise für alle zwölf Bezirke bearbeitet. Damit soll verhindert werden, dass bei den zu erwartenden Klageverfahren ein Bezirk gegen den anderen ausgespielt wird. Außerdem ließe sich die Arbeit besser organisieren.

"Zu viele Fragen offen"

Doch SPD und CDU verweigerten ihm auf der Bezirksverordnetensitzung am Donnerstag die Gefolgschaft. „Es sind noch zu viele Fragen offen“, sagt die SPD-Verordnete Clarissa de Sielvie, vor allem die Unterbringung der 34 Mitarbeiter und die Finanzierung. CDU-Fraktionschef Thorsten Reschke glaubt, dass der Bezirk auch politisch ein erhebliches Schadensrisiko auf sich nimmt. Wenn die Umsetzung schwächelt oder Betroffene erfolgreich gegen das Verbot klagen, werde immer Mitte dafür verantwortlich gemacht. Die anderen Bezirke – bis auf Neukölln – seien deswegen gerne bereit, diese Verantwortung abzugeben.

Mehr Personal müsste abgestellt werden

Nach Reschkes Auffassung würden 34 Mitarbeiter ohnehin nicht ausreichen, um das Verbot wirksam umzusetzen. Ende der 90er Jahre seien in Berlin mehr als 300 Mitarbeiter für das Zweckentfremdungsverbot zuständig gewesen. Das Verbot wurde dann 2002 vom Oberverwaltungsgericht gekippt. Damals erklärten die Richter, bei einem Überschuss an Wohnungen sei ein Verbotsgesetz nicht zu rechtfertigen.

Inzwischen ist der Leerstand von Wohnungen in Berlin auf den Tiefstwert von rund zwei Prozent gesunken, damit hat sich die rechtliche Grundlage des Gesetzes verbessert. Die Betreiber von Ferienwohnungen sondieren dennoch, wie sie das Verbot umgehen oder zu Fall bringen können. Nähere Angaben dazu wollte ein Lobbyvertreter aber nicht machen.

Kosten für Einzelfall-Klagen müssten Bezirke selbst tragen

Die Senatsverwaltung für Finanzen hat den Bezirken inzwischen zugesichert, für eine gemeinsame Behörde Sachmittel von maximal 150 000 Euro pro Jahr zu gewähren. Außerdem würden „Ausgaben für die zu erwartenden Klageverfahren hinsichtlich der grundsätzlichen Rechtmäßigkeit der Zweckentfremdungsverbotsverordnung“ übernommen. Viele Klagen dürften sich aber auf den jeweiligen Einzelfall beziehen. Diese Kosten müssten die Bezirke selbst tragen.

Stadtrat von Dassel will weiter an einer gemeinsamen Ermittlungsbehörde festhalten. Am 3. Juni soll das Bezirksamt, also das Kollegium aus Bezirksbürgermeister und vier Stadträten, die Einrichtung der Behörde beschließen. Zwei Stadträte stellen die Grünen, also brauche er nur eine Stimme zusätzlich. Die BVV könnte dann anschließend den Beschluss billigen. So weit der Plan.

Allerdings sind die Grünen in Mitte formal betrachtet Opposition. Es existiert eine rot-schwarze Zählgemeinschaft. Die Behörde könnte also an rein politischen Vorbehalten scheitern. Um dem vorzubeugen, haben die Grünen eine Online- Petition gestartet. Darin wird die Zählgemeinschaft aufgefordert, „endlich konsequent gegen die Ferienwohnungsschwemme im Bezirk Mitte vorzugehen“. Bis Freitagnachmittag meldeten sich 54 Unterstützer.

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