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Wohnhäuser in Nähe des Berliner Alexanderplatzes

© dpa/Bernd von Jutrczenka

Wohnungsnot: SPD schlägt fünf Jahre Mietenstopp in Berlin vor

Die SPD legt konkrete Ideen für einen "Berliner Mietendeckel" vor. In Stadtregionen mit besonders starkem Mietanstieg sollen die Mieten eingefroren werden.

Von Ulrich Zawatka-Gerlach

Das ist der Vorschlag: Die Mieten bezugsfertiger Wohnungen in Berlin sollen nach dem Willen der SPD eingefroren werden – zunächst befristet auf fünf Jahre mit der Option auf eine Verlängerung des Mietenstopps. Gelten soll die neue Regelung für alle Stadtregionen, die statistisch nachweisbar von einem besonders starken Mietenanstieg betroffen sind. Das könnte auch das gesamte Stadtgebiet sein. Neubauten fallen nicht unter das neue Landesrecht zur Begrenzung der seit Jahren explodierenden Mieten.

Eine Gruppe von Sozialdemokraten um die Bundestagsabgeordnete Eva Högl und den Vize-Landeschef der SPD, Julian Zado, hat in einem umfangreichen Papier, das dem Tagesspiegel vorliegt, ihre Idee für einen „Berliner Mietendeckel“ konkretisiert. Die SPD-Politiker begründen ihren Vorschlag damit, dass „die Versorgung der Bevölkerung mit bezahlbarem Wohnraum akut bedroht ist“. Um diese Situation nachhaltig zu verbessern, sei eine umfassende Neubauoffensive notwendig.

„Zusätzlich müssen Möglichkeiten genutzt werden, um private Wohnungen durch das Land Berlin zurückzukaufen.“ Damit greifen die Genossen eine Ankündigung von Regierungs- und SPD-Landeschef Michael Müller auf, Teilbestände des Immobilienkonzerns Deutsche Wohnen ankaufen zu wollen.

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Einen Anstoß geben

Weil diese Instrumente aber nur mittelfristig Wirkung zeigen könnten, sei zusätzlich eine „sofortige Begrenzung der Mieten notwendig“, heißt es in dem Papier. Die Autoren zeigen sich ausdrücklich offen für alternative Modelle einer Deckelung der Berliner Mietpreise: „Wir wollen mit unserem Vorschlag einen Anstoß geben, wir sind offen für Kritik, andere Vorschläge und Hinweise.“

Der Mietenstopp soll nicht nur für bestehende Mietverhältnisse, sondern auch für Neuvermietungen gelten. Die Vermieter sollen in diesem Fall verpflichtet werden, die Vormiete offenzulegen. Wer sich daran nicht hält oder seine Miete trotzdem erhöht, solle mit einem Bußgeld belegt werden. Die bundesweit geltenden Vorschriften des sozialen Mietrechts würden damit nicht außer Kraft gesetzt, sondern „für bestimmte Gebiete mit besonders angespanntem Wohnungsmarkt und für Quartiere, die von Verdrängung bedroht sind“, ergänzt.

Die Verfasser des Papiers sind überzeugt, dass ein solcher „Mietendeckel“ durch Gesetze oder Verwaltungsvorschriften des Landes Berlin realisiert werden kann. Schließlich sei mit der Föderalismusreform 2006 das „Recht des Wohnungswesens“ vom Bund auf die Länder übergegangen. Die Gestaltung des öffentlich-rechtlichen Mietpreisrechts falle unter diese Verschiebung der juristischen Kompetenzen. Die 2014 in Berlin eingeführte Verordnung über das Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum sei dafür ein gutes Beispiel. Auch die Förderung des Wohnungsbaus gehöre zum „Recht des Wohnungswesens“ auf Landesebene, heißt es in dem SPD-Papier.

Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit

Zwar hat dieses besondere Recht in der politischen Auseinandersetzung um die Föderalismusreform 2006 keine große Rolle gespielt, da man ihm damals keine besondere Bedeutung beigemessen habe, schreiben die Autoren. „Das hindert das Land Berlin aber nicht daran, seine nunmehr ausschließliche Gesetzgebungskompetenz jetzt auszuüben, um sicherzustellen, dass die gesamte Bevölkerung mit hinreichend bezahlbarem Wohnraum versorgt wird.“

Ein Mietenstopp verstößt nach Einschätzung der Sozialdemokraten auch nicht gegen die Eigentumsgarantie im Grundgesetz. Im Gegenteil: Die Sozialbindung des Eigentums sei in Deutschland durch die ständige Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts „in besonderer Weise vorgeprägt“. Die Miete sei eben keine grundrechtlich geschützte Spekulationsrendite. Trotzdem gelte auch für den Mietendeckel der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Deshalb solle der Anwendungsbereich zeitlich begrenzt und regional auf Gebiete eingeschränkt werden, die von Preissteigerungen besonders betroffen seien.

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