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Wohnung dringend gesucht: Da greift mancher auch schon zu besonderen Mitteln.

© dpa

Zweckentfremdungsverbot geplant: Senat erkennt Wohnungsnot in Teilen Berlins an

Der Berliner Senator für Stadtentwicklung, Michael Müller (SPD), will "so schnell wie möglich" eine Verordnung zum Verbot der Zweckentfremdung von Wohnungen einführen.

Dies bestätigte die Senatssprecherin Daniela Augenstein dem Tagesspiegel. Damit gibt der Senat erstmals zu, dass Wohnraum in Teilen der Stadt knapp geworden ist. Dem Vernehmen nach soll die Verordnung nur für innerstädtische Lagen in Kraft treten. Die CDU, Partner in der großen Koalition, hatte sich bisher gegen die erneute Einführung dieses Verbots ausgesprochen. Im Jahr 2002 hatte das Oberverwaltungsgericht eine entsprechende Verordnung gekippt, weil ein Wohnraummangel nicht mehr bestanden hatte. In den vergangenen Jahren war die Zahl der neuen Haushalte in Berlin stark gestiegen – ebenso wie die Mieten.

In der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung arbeiten Experten an einer Verordnung, mit der die Zweckentfremdung von Wohnraum verboten werden soll. Konflikte mit der Wohnungswirtschaft sind damit programmiert.

Müller riskiert aber auch Ärger mit dem Koalitionspartner. Die CDU hatte sich bisher gegen eine solche Verordnung ausgesprochen. Im Koalitionsvertrag wurde allerdings die „Prüfung“ eines Zweckentfremdungsverbots vereinbart. Der Stadtentwicklungssenator setzt sich mit diesem Schritt auch vom Kurs seiner Vorgängerin ab. Ingeborg Junge-Reyer hatte stets bestritten, dass Wohnraum in Berlin knapp ist, und wiederholt betont, dass 100 000 Wohnungen leer stünden.

Proteste gegen steigende Mieten hier in Bildern:

„Wir würden eine solche Verordnung sofort angreifen“, sagt Dieter Blümmel, Sprecher von Haus und Grund. Allerdings sagt auch Blümmel, dass der Senat ein solches Zweckentfremdungsverbot auch im Alleingang, also ohne Zustimmung des Bundes, einführen könne. Die Föderalismusreform habe dazu den Weg geebnet. Der mächtige Verband werde bis vor das Bundesverfassungsgericht gegen eine Verordnung zum Verbot von Zweckentfremdung ziehen. In Berlin galt bereits eine solche Verordnung, bis das Oberverwaltungsgericht (OVG) sie im Jahr 2002 kippte. Wegen der städtischen Wohnungsbauprogramme sahen die Richter keinen Wohnraummangel mehr.

Matthias Brauner, stadtentwicklungspolitischer Sprecher der CDU, bezweifelt die Wirkung eines solchen Verbots. „Das würde auch Kitas und Arztpraxen treffen“, sagte er. Auch die Einführung sei schwierig: „Dazu brauchen wir belastbare Daten über die Zahl der leer stehenden Wohnungen.“ Die gebe es bisher nicht. Zudem hätten bereits existierende Ferienwohnungen „Bestandsschutz“.

Im Zentrum stehen bei landeseigenen Firmen weniger als zwei Prozent der Wohnungen leer. Dies ermittelte der Verband Berlin-Brandenburgischer Wohnungsunternehmen (BBU) im vergangenen Jahr. Ab drei Prozent Leerstand nennen Experten einen Wohnungsmarkt als angespannt, da wegen Sanierungsarbeiten, Umbauten oder Mieterwechsel immer einige Wohnungen zeitweise leer stehen. BBU-Chefin Maren Kern kommentierte Müllers Vorstoß ausweichend: „Es ist gut, dass der Senat die Wohnungspolitik im Fokus hat. Die Maßnahmen sollten aber Teil eines abgestimmten Gesamtkonzepts sein.“

Seit dem OVG-Urteil im Jahr 2002 hat die Zahl der Haushalte in Berlin drastisch zugenommen, aber nur wenige Wohnungen wurden neu gebaut. Deshalb steigen die Mieten stark. Zusätzlichen Zündstoff bekommt die Debatte auch, weil der Bezirk Mitte, wie berichtet, vor dem Verwaltungsgericht scheiterte beim Versuch, auf Umwegen die Zweckentfremdung von Wohnungen durch Hostel-Betreiber zu verbieten. Das Verbot hatte der Bezirk mit Beschwerden über Lärm begründet und mit baurechtlichen Mängeln des betreffenden Hauses, das als „Beherbergungsbetrieb“ genutzt werde. Dies überzeugte das Gericht nicht.

Im Koalitionsvertrag hatte Rot- Schwarz die Prüfung einer Verordnung zum Verbot von Zweckentfremdung vereinbart, das nur auf besonders begehrte innerstädtische Teile der Stadt begrenzt werden soll. „Sinnvoll und notwendig“ nennt der Chef des Berliner Mietervereins ein solches Verbot. Den jährlich bis zu 15 000 neuen Haushalten stünden 4000 neu gebaute Wohnungen gegenüber. Ein Zweckentfremdungsverbot könne den Markt entspannen.

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