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Der Fahrrad-Tourismus in Brandenburg hat sich schnell entwickelt.

© dpa/picutre-alliance

Fahrrad-Tourismus in Brandenburg: Zwei Reifen für ein Halleluja

Der Fahrrad-Tourismus in Brandenburg hat sich rasant entwickelt. Viele Hoteliers, Wirte und Biergartenbetreiber kümmern sich heute vorbildlich um die Gäste. Das war nicht immer so – eine Rundfahrt.

Die schlimmen Erfahrungen mit einem Hotelier in einem frisch sanierten Schloss im östlichen Brandenburg liegen zum Glück schon einige Jahre zurück. Doch sie bleiben wegen ihrer Heftigkeit unvergessen und wären heute wahrscheinlich kaum noch denkbar. „Radfahrer? Die können mir gestohlen bleiben“, antwortete der Mann damals auf die Frage nach dem Service für diese Touristen. „Das sind doch arme Leute, die mittags nur eine Bockwurst und als Übernachtungsgast nur das billigste Zimmer nehmen und obendrein sogar noch ihren Drahtesel mit ins Haus nehmen wollen. Nein, mit diesen Leuten kann man keine Geschäfte machen.“

Aus dem ursprünglich geplanten längeren Abstecher in dieses Hotel wurde damals natürlich nichts. Wir setzten uns auf unsere Räder und kehrten in einem nahe gelegenen Gasthaus ein, das seinen Namen auch wirklich verdient hatte.

Rasante Entwicklung des Radtourismus

Im Rückblick ist es schon erstaunlich, welche rasante Entwicklung der Radtourismus gerade in Brandenburg genommen hat. Heute können die meisten Hoteliers, Gastwirte und vor allem Biergartenbetreiber nicht mehr auf die Einnahmen der Fahrradfahrer verzichten. Viele reißen sich gerade darum, die Plaketten „Bett & Bike“ oder „Fahrradfreundliches Hotel“ an ihren Eingängen anzubringen. Spezielle Menüs mit leichter und vitaminreicher Kost gehören ebenso zum Standard wie ein abschließbarer Abstellraum. Von einer ursprünglich großen Zahl von Leihrädern haben sich die meisten Hotels aber wieder verabschiedet. Sie legten den doch sehr aufwendigen Reparatur- und Wartungsservice und die gesamte Abwicklung des Verleihs lieber in die Hände eines örtlichen Unternehmers, der die Räder oft direkt zu den Gästen bringt.

Geradezu mustergültig hat sich der Fahrradtourismus entlang des Fernweges Berlin–Usedom zwischen der nördlichen Berliner Stadtgrenze und dem Werbellinsee entwickelt. Da stellt der Bäcker in Biesenthal Tische und Stühle vor den Laden, den er neuerdings auch sonntags für die zahlreichen Radler öffnet. Im kleinen Rosenbeck in der Schorfheide hat ein junges Paar aus einem anfänglich bescheidenen Imbissangebot eine gut bestückte Speisekarte mit Flammkuchen, Pizza und Salaten entwickelt. Die vielen Räder im Garten beweisen den Erfolg.

Geführte Touren mit dem Rad

Das gilt auch für den „Schleusengrafen“ am Rande von Marienwerder. Das Betreiberpaar ist vor einiger Zeit extra von der nahen Hafengaststätte an die Schleuse Grafenbrück umgezogen, da es an der Strecke viel mehr Rad- als Bootsfahrer gibt. Ihre Herzlichkeit hat sich in Ausflüglerkreisen herumgesprochen, sodass nicht wenige Radrenner die knapp 50 Kilometer lange Tour zum Schleusengrafen als gute Trainingsstrecke betrachten. Der Stopp im ersten Amtshaus Deutschlands vom Ende des 18. Jahrhunderts, das 150 Jahre lang die königlichpreußische Wasserbaudirektion beherbergte und ein einmaliges Bohlenbinderdach besitzt, macht für viele die Tour erst komplett. Selbst in der Vorweihnachtszeit zieht es sie zum Schleusengrafen, dann allerdings eher mit dem Auto.

Ähnliche Beispiele ließen sich auch aus Wildau, Altenhof oder Joachimsthal anführen. Selbst der eingangs beschriebene Hotelier aus Ostbrandenburg hat seine Meinung über die Radtouristen radikal geändert. Neuerdings bietet er seinen Gästen sogar geführte Touren an – unter seiner Leitung und selbstverständlich auf dem Rad.

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