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Guido Casarettos Video „Crossing Carnevale“ von 2019.

© Guido Casaretto

Die Casa di Goethe im Italienischen Kulturinstitut: Künstlerische Blicke auf den Anderen

Faschistische Bauten, kullernde Tränen: Der Dichter steht Pate für eine Ausstellung, in der sich vier in Deutschland und vier in Italien lebende Künstler begegnen.

„Fremde überall“ lautet 2024 der Titel der Biennale di Venezia; da kommt die Casa di Goethe in Rom mit ihrer Ausstellung „Reise nach Italien - Der Blick auf den Anderen“ gerade recht. Nachdem sie zuvor in dem kleinen Museum an der Via del Corso 18 zu sehen war, in jener Wohnung, wo der Dichter während seiner Italienreise 1786 bei seinem Malerfreund Johann Heinrich Wilhelm Tischbein logierte, ist sie nun in Berlin im italienischen Kulturinstitut zu sehen.

Die Ausstellung versucht ebenfalls den Blick zu weiten, empfänglich zu machen für die Eindrücke am anderen Ort, die dort lebenden Menschen. Acht Künstler wurden ausgewählt, vier aus Deutschland, vier aus Italien, die einander gegenüberstehen.

Aus Esra Ersens Serie „Diario“ .

© Esra Ersen / VG Bild-Kunst

Das passt nicht immer, manche Begegnung bleibt flüchtig, wie das bei Reisen passiert. Pate dieser Momentaufnahmen – wie könnte es anders sein? – ist Goethe, der auf seiner Reise durch das „bel paese“ gierig die Eindrücke aufsog und in seinem Werk verarbeitete.

Auch Esra Ersen ließ sich inspirieren, als sie 1919/20 als Stipendiatin der Villa Massimo in Rom weilte. Ihr Kamerablick fiel nach unten auf zusammengekehrte Häufchen, neben denen Schalen mit ein paar Cents standen. Es gibt sie auch weiterhin, versichert Gregor H. Lersch, seit 2022 Leiter der Casa di Goethe. Aufgeschichtet haben sie illegal in Italien lebende Afrikaner - ein bitteres, poetisches Bild für Ordnung, wo rundum alles ungesichert ist.

Christian Jankowski dagegen amüsierte sich über die Regeln in der Ewigen Stadt und drehte 2011 bei seinem Aufenthalt in der Villa Massimo das Video „Casting Jesus“. Dreizehn Schauspieler treten darin vor eine Jury mit drei Vatikanexperten und lassen Tränen kullern, den Blick barmend gen Himmel richten.

Johanna Diehl nahm wiederum die Überbleibsel faschistischer Architektur sehr ernst. Ihre Fotogalerie gebauter Machtgesten, die bröseln und doch imponieren, beindruckt durch ihre analytische Strenge.

Auch Guido Casaretto reist in Zeit und Raum. In seinem Video „Crossing Carnevale“ bewegen sich vier Männer mit Fellen und Masken durch einen vertrockneten See, ein archaisches Bild primitiver Mittelmeerkultur. Goethe hätte es gefallen. Er verfolgte den Karneval in Rom vom Fenster aus – und ließ ihn im zweiten Teil des „Faust“ wieder erstehen.

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