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Am Ruinenberg in Potsdam sind Wege wegen Astbruchgefahr gesperrt.

© Foto: PNN/Andreas Klaer

„Die Parks sterben“: Schlösserstiftung kämpft gegen den Verfall

Der Chef der Schlösserstiftung äußert sich zur Zukunft der gefährdeten Potsdamer Welterbeparks. Vieles klingt düster, manches hoffnungsvoll.

Vandalismus, Klimawandel - und dazu die strittigen Millionenzahlungen der Stadt an die Schlösserstiftung: Eine rund dreistündige Diskussion im Potsdamer Stadtforum widmete sich am Donnerstagabend den immensen Herausforderungen, vor denen die Welterbeanlagen von Sanssouci und Co. stehen. Die PNN geben einen Überblick.

Bedrohung durch den Klimawandel

Stiftungsdirektor Christoph Vogtherr schilderte die Folgen des menschengemachten Klimawandels in drastischen Worten. "Die Parks sterben." Diese würden in den nächsten 15 Jahren "wesentliche Teile dessen verlieren, was wir heute sehen". Auch Neupflanzungen seien schwierig: Selbst mit regelmäßigem Gießen würden nur 50 Prozent der Pflanzen und Bäume überleben.

Früher seien das bis zu 80 Prozent gewesen. "Wir wissen noch nicht genau, woran das liegt." Für 2024 sei ein Themenjahr zu den Auswirkungen des Klimawandels vorgesehen. Vogtherr wurde deshalb empfohlen, mit Fridays for Future zusammenzuarbeiten - um mit einer solchen Allianz die junge Generation für das Welterbe zu sensibilisieren.

Die Parks sterben.

Christoph Vogtherr, Generaldirektor der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten

Vogtherr skizzierte auch Probleme beim Umgang mit Dürren. Die Stadt Potsdam habe die Wasserentnahme aus der Havel beschränkt - dies dürfe nur zu Zeiten erfolgen, die „für unsere Abläufe unsinnig“ sind, so Vogtherr. Allerdings gebe es mit der Stadt auch ein gemeinsames Projekt für ein besseres Wassermanagement in den Parks, gefördert mit Mitteln des Landesbauministeriums.

Problematisch wiederum scheint, dass laut Vogtherr die Geldgeber der Stiftung - also die Länder Berlin und Brandenburg sowie der Bund - angesichts der insgesamt stark steigenden Baukosten einen allgemeinen Planungsstopp für größere Projekte verhängt haben, die mit dem längst beschlossenen Masterplan-Millionenpaket finanziert werden sollen. „Unsere Geldgeber wollen sehen, ob wir mit der Gesamtsumme auskommen.“ Betroffen seien etwa geplante Sanierungsarbeiten an den Bewässerungssystemen für Sanssouci.

Generaldirektor Christoph Martin Vogtherr.
Generaldirektor Christoph Martin Vogtherr.

© Sebastian Gabsch

Streit um Millionenzahlungen und Parkeintritt

Um Geld geht es auch im aktuellen Streit, ob Potsdam weiter eine Million Euro pro Jahr an die Schlösserstiftung zahlen soll, wie das zuletzt Oberbürgermeister Mike Schubert (SPD) vorgeschlagen hatte - oder ob stattdessen ein Parkeintritt für Sanssouci eingeführt wird. Skeptisch zu weiteren Zahlungen der Stadt äußerte sich Baudezernent Bernd Rubelt (parteilos). Potsdam sei nicht zuletzt durch die Energiekrise finanziell unter Druck geraten, sagte er.

Zugleich habe man angesichts des Klimawandels bei den städtischen Grünanlagen einen erheblichen Mehraufwand. Wenn das kommunale Grün leide, weil man Geld an die Stiftung zahlen müsse, wäre „das für mich ein schlechtes Geschäft“, so Rubelt. Zum Thema Parkeintritt sagte er: „Wenn Dinge kostenlos sind, entsteht der Eindruck, dass das umsonst ist.“

Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos) sieht weitere Zahlungen der Stadt skeptisch.
Potsdams Baubeigeordneter Bernd Rubelt (parteilos) sieht weitere Zahlungen der Stadt skeptisch.

© Ottmar Winter PNN

Wie berichtet sollen die Stadtverordneten bald darüber abstimmen, ob Potsdam ab 2024 weiter zahlen soll - oder ob der Pflichteintritt für den Park Sanssouci kommt, für den Brandenburg, Berlin und der Bund - alle unter SPD-Führung - aber auch die Satzung der Stiftung ändern müssten. Vogtherr jedenfalls sprach in Bezug auf die Millionenzahlungen durch die Stadt von einem „Super-Deal“, weil Potsdam in besonderer Weise vom Welterbe profitiere.

So beteilige sich zum Beispiel die Stadt Weimar an der Pflege der dortigen Welterbeanlagen mehr als Potsdam. Grünen-Fraktionschefin Saskia Hüneke erinnerte allerdings daran, dass die Parks selbst in der Monarchie kostenlos gewesen seien - und die Finanzierung in staatlicher Verantwortung liege.

Vandalismus sorgt für Frust

Müllentsorgung mitten im Welterbe, Dutzende Flaschen nach einer Party auf der Parkwiese, eine am Wochenende in den Heiligen See geworfene Sitzbank: Vogtherr zeigte im Stadtforum einige Fotos, wie Vandalismus die Parks bedroht. Das mache gerade den Mitarbeitern zu schaffen.

Einer der Gärtner im Neuen Garten habe schon seine dortige Dienstwohnung verlassen, „weil er es nicht mehr ertragen kann, die Zustände dort zu beobachten“, vor allem am Wochenende, so Vogtherr. Eine Zuschauerin pflichtete bei, man werde in den Parks häufiger von Radfahrern angehupt, nicht angeleinte Hunde stürmten vorbei, Ufer würden aufgebuddelt.

Die Schlösserstiftung versucht gegen Vermüllung und Vandalismus vorzugehen. 
Die Schlösserstiftung versucht gegen Vermüllung und Vandalismus vorzugehen. 

© Soeren Stache/dpa

Vogtherr sprach angesichts von Familien, die direkt im geschützten Schilfgürtel am Ufer des Parks Babelsberg baden und sich sonnen, von „einer Gedankenlosigkeit, die frustrieren kann“. Hier sei eine Mentalitätsänderung nötig, in allen Altersstufen.

Die Stadt und ihre Behörden müssten ihre Einstellung zum Welterbe ändern, forderte Vogtherr: „Wir werden zu häufig in die Rolle des Regeldurchsetzers gedrängt.“ Nach Fragen aus dem Publikum, ob nicht mehr Mülleimer möglich seien, sprach Vogtherr von widersprüchlichen Signalen, wenn diese zum Beispiel an Flächen aufgestellt würden, die eigentlich nicht betreten werden dürfen.

Ferner sagte er, es sei schwierig, mehr Parkwächter einzustellen. Das ginge angesichts des Stellenplans immer zulasten von anderen Bereichen, zum Beispiel der Parkpflege. Einig war sich Vogtherr mit Dezernent Rubelt, dass mehr kommunale Grünflächen den Nutzungsdruck in den Parks mindern könnten. Als weitere Gegenmaßnahme gebe es neu produzierte Videos für die sozialen Netzwerke, in denen auf humorvolle Art die Parkregeln erklärt würden, sagte Vogtherr.

In einer schriftlichen Botschaft an die Runde empfahl Stephan Dömpke vom Welterbeschutz-Netzwerk „World Heritage Watch“ zudem den Bau eines Besucher- und Informationszentrums zu Welterbestätten in aller Welt, um die universelle Idee, dass die Parks der gesamten Erdgemeinschaft gehören und zu erhalten sind, besser in Potsdam zu verankern.

Mehr Beteiligung junger Potsdamer

Trotz aller Sorgen gibt die Schlösserstiftung ihre traditionell harte Haltung gegenüber Jugendlichen auf - und erstmals eine Fläche zur Nutzung frei. Demnach gibt es eine Jugendgruppe, die gern eine Vorfläche des Babelsberger Parks nutzen würde, bis in die Welterbestätte hinein. Statt dies „klassischerweise“ abzulehnen, habe man sich für Verhandlungen entschieden, sagte Stiftungsdirektor Vogtherr. „Wir schließen einen Vertrag ab.“ Darin werde geregelt, was vor Ort möglich sei und was nicht. „Nach ein oder zwei Jahren evaluieren wir das.“ Begleitet werde der Versuch von der Stadt Potsdam. Wenn es gut funktioniere, könne auch weiter so verfahren werden.

Außerdem sprach er mehrere Projekte mit Schulen an, zum Beispiel ein Grünes Klassenzimmer. „Das ist aber auch sehr betreuungsintensiv.“ Dreieinhalb weitere Stellen zur Bildungsarbeit seien von den Finanziers der Stiftung gerade wieder abgesagt worden, sagte er mit Bedauern.

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