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Die Liste der Probleme an den deutschen Schulen ist lang.

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Empfehlungen für die Grundschule: Berlins Hausaufgaben gelten für alle Länder

Mehr Deutsch, mehr Mathematik und mehr Augenmerk auf die Kita: Die To-do-Liste für Berlins Schulen hat die Forschung jetzt an den ganzen Bund gerichtet. Aber etwas kommt noch hinzu.

Das Rad wird nicht neu erfunden: Angesichts der schwachen Ergebnisse der deutschen Viertklässler im Lesen, Schreiben und Rechnen gibt die Bildungswissenschaft den Bundesländern die gleichen Ratschläge, wie Berlin sie schon vor drei Jahren wegen der besorgniserregenden Befunde bei seinen Schülerinnen und Schülern bekam. Allerdings sind - in Folge der Pandemie - noch einige Aspekte hinzugekommen.

Denn durch die lange Isolation haben die sozialen und emotionalen Probleme bei Kindern und Jugendlichen erheblich zugenommen. Dem trägt die Ständige Wissenschaftliche Kommission der Kultusministerkonferenz (KMK) Rechnung und fordert in einem gerade veröffentlichten Gutachten von den Schulen ein starkes Augenmerk auf die während Corona erlittenen seelischen Schäden.

Mit den sozial-emotionalen Problemen ist es so, dass sie in der Pandemie besonders virulent geworden sind.

Professor Olaf Köller, Erziehungswissenschaftler an der Universität Kiel

„Mit den sozial-emotionalen Problemen ist es so, dass diese in der Pandemie besonders virulent geworden sind“, erläutert Bildungswissenschaftler Olaf Köller auf Anfrage. Er hatte vor drei Jahren die Berliner Qualitätskommission geleitet, und nun auch die Kommission im KMK-Auftrag. Köller weist darauf hin, dass nicht nur die Pandemie die Lage der Schülerinnen und Schüler erschwert habe. Vielmehr komme hinzu, dass der Anteil derer gestiegen sei, die aus den sogenannten vulnerablen Gruppen kommen: sozial Benachteiligte und Migranten. Darauf müssten die Schulen reagieren.

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Prozent der Berliner Viertklässler verfehlen die Mindestanforderungen.

Ausgangspunkt der Ständigen Wissenschaftlichen Kommission war eine Verdopplung der Zahl an Viertklässler:innen, die in Deutsch und Mathematik die Mindestanforderungen unterschreiten. Diese Gruppe rechnet, liest, schreibt und versteht so schlecht, dass sie nur wenig Chancen auf eine erfolgreiche Schullaufbahn hat. Im Bund galt das vor zehn Jahren für jedes zehnte Kind, inzwischen für jedes fünfte. In Berlin ist es – je nach Fach – jedes dritte oder sogar jedes zweite.

Von der Kommission kommen 20 Empfehlungen

Insofern wären alle Länder gut beraten, die Empfehlungen der Kommission in ihren Schulen umzusetzen – wobei von Schule zu Schule sicher entschieden werden muss, welche der 20 Empfehlungen Vorrang haben sollen. Hier einige Beispiele:

  • Bereits bei Drei- bis Vierjährigen soll festgestellt werden, ob sie zusätzlichen Förderbedarf haben. Dieses Ziel verfehlt Berlin allerdings bereits seit rund 15 Jahren.
  • Die Aus- und Fortbildung der Lehrkräfte sowie die Bildungsangebote der Grundschulen sollen sich auf die Förderung sprachlicher, mathematischer und sozial-emotionaler Kompetenzen fokussieren.
  • Die Zugangsbarrieren zu Angeboten der Familienbildung und zu Kitas sollen gesenkt werden, damit alle Kinder an frühkindlicher Bildung teilhaben können.
  • Alle Schulen sollen in ihren Programmen drei verschiedene Konzepte verankern. Sie sollen zum Ziel haben, die Grundfähigkeiten in Mathematik und Deutsch systematisch zu diagnostizieren und zu fördern, für soziale Integration zu sorgen und sozial-emotionaler Kompetenzen zu entwickeln und die Zusammenarbeit mit Eltern zu stärken.
  • Die „aktive Lernzeit“ für den Erwerb sprachlicher und mathematischer Kompetenzen soll quantitativ und qualitativ abgesichert werden.
  • Lehrkräfte sollen „systematisch unterstützt werden“ und mit anderen Professionen wie etwa Sozialarbeiter:innen und Schulpsycholog:innen zusammenarbeiten.
  • Schulen sollen Zeitreserven bekommen, in denen sie aus ihren (schwachen) Leistungsdaten Konsequenzen für ihre Schulentwicklung entwickeln können. Das versucht Berlin bereits seit drei Jahren.
  • Schulen mit besonders vielen sozioökonomisch benachteiligten Schüler:innen sollen „zusätzliche Ressourcen auf allen Ebenen“ bekommen, also personell und finanziell. In Berlin wurde das bisher als Förderung mit der Gießkanne missverstanden.
  • Jedes Bundesland beziehungsweise jede Kommune und jeder Stadtstaat soll Strategien entwickeln, wie der sozialen Entmischung entgegengewirkt werden kann.

Bildungssenatorin Astrid-Sabine Busse (SPD) wies zu Wochenbeginn am Montag darauf hin, dass Berlin ja bereits einige Weichen in der empfohlenen Richtung gestellt habe – etwa durch zusätzlichen Deutschunterricht oder den Beschluss, ein Landesinstitut für Aus-, Fort- und Weiterbildung zu gründen. „Hier dürfen wir nicht nachlassen“, sagte Busse.

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