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Model in einem schwarzen, langen Spitzenkleid

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Mode aus Berlin: Das Berliner Kaviar Gauche feiert Jubläum

Seit zehn Jahren behaupten sich die Designerinnen von Kaviar Gauche auf dem internationalen Markt. Mit ihren eigenen Läden sind sie in Deutschland erfolgreich.

Dass sie es geschafft haben, merkt Johanna Kühl immer dann, wenn sie sich jemanden vorstellt, der nichts mit Mode zu tun hat. Oft reicht es, ihren Labelnamen Kaviar Gauche zu nennen, und die meisten wissen Bescheid – inzwischen sogar Männer. In der Liga von Kaviar Gauche spielen in Berlin nur wenige – Lala Berlin, die gleich um die Ecke einen Laden eröffnet hat, und Michael Michalsky.
Zusammen mit Alexandra FischerRoehler hat Johanna Kühl für Berliner Verhältnisse einen langen Weg hinter sich gebracht: Ihr Label gibt es seit zehn Jahren. Johanna Kühl erzählt das ganz pragmatisch. Sie sitzt auf einem weißen, halbrunden Ledersofa in ihrem Geschäft in der Linienstraße und trägt heute ausnahmsweise nicht die Uniform der beiden Designerinnen – weiße Bluse, schwarze Lederhose und hohe Schuhe –, sondern Rock und Rollkragenpullover. Der vordere Teil des Geschäftes sieht aus wie ein eleganter, dunkel gehaltener Salon, in dem orangefarbene Wollmäntel hängen, Pullover mit Spitze verziert, Kleider und Hosen, zu denen besonders gut die weißen Seidenblusen passen. Auf der anderen Seite wirkt der Laden wie eine weiße Wolke mit Dutzenden weißen und cremefarbenen Brautkleidern.

Die Brautmode

Brautkleider waren für Kaviar Gauche alles andere als zwangsläufig. Kundinnen fragten, ob sie Kleider, die Marie Bäumer und Heike Makatsch in Pudertönen auf dem roten Teppich trugen, auch als Brautkleider bestellen könnten. Johanna Kühl wundert sich selbst, dass sie in einem komplett übersättigten Markt eine Marktlücke gefunden haben. Aber sie haben sich schnell darauf eingelassen: „Wir haben an einer französischen Schule gelernt, da gehört die Braut am Schluss einer Modenschau dazu.“ Zuerst wandelten sie die Kleider aus der normalen Kollektion um, jetzt gibt es eine eigene Linie. „Unsere Kundinnen wollen sich nicht verkleiden, hier gibt es keine Baisers.“ Aber man sieht den Entwürfen an, dass da durchaus die Lust ist, noch einen draufzusetzen, mit Spitze, mit Tüll, mit feinem Chiffon. Brautmode gibt es nur in den eigenen Läden, die Kunden fliegen sogar aus Paris und London ein. Sie machen keine Werbung – Hochzeiten sind viel bessere Multiplikatoren.

Johanna Kühl (links) und Alexandra Fischer-Roehler und ihre Brautkleider.

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Der Anfang

Wie miteinander verheiratet wirken auch die beiden Designerinnen. Äußerlich sind sie sich im Lauf der Zeit immer ähnlicher geworden – dabei sind sie charakterlich sehr unterschiedlich, sagt Johanna Kühl. Aber sie gehen so viele Schritte miteinander, da ist nicht viel Unabhängigkeit möglich. „Wir vertrauen uns 100 Prozent.“ Gestritten haben sie sich nur einmal, ganz am Anfang. Sie lernten sich an der Berliner Modeschule Esmod kennen, schon mit der Abschlusskollektion machten sie sich selbstständig.
Ihre ersten Entwürfe waren experimentell, da wurde schon mal aus einer Tasche ein Rock. „Wir wollten nicht den kleinen Laden, wo hinten geschneidert und vorne verkauft wird.“ Die Designerinnen wollten von Anfang an eine Marke mit Identität sein. „Die Grundästhetik ist geblieben,“ sagt Johanna Kühl. Was Alexandra Fischer-Roehler und sie zusammengebracht hat, ist das Gefühl für Farben, die Silhouetten, eine bestimmte Art der Reduktion. „Am Anfang haben wir nach Japan Taschen verkauft, die fast größer waren als die Kundinnen selbst. Dekonstruierte Blusen, die mehr Kleider waren. Damit hätten wir hier höchstens die Galeristin gekriegt."

Die Tasche

Aus den Experimenten entstand eine Tasche, die aussieht wie ein gekrümmtes Gürteltier. Sie wurde zum Verkaufsschlager und machte Kaviar Gauche weit über Berlin hinaus bekannt. Das Modell „Lamella Bag“ verkauft sich immer noch gut. Die Taschen sind eine Ikone des Berliner Designs geworden. Viele haben ihnen geraten, nur noch Taschen zu machen, aber das wäre ihnen auf die Dauer zu eintönig geworden. Und dann war da noch Heike Makatsch, die treu auf fast jedem roten Teppich ihre Kleider trug und bei jeder Modenschau in der ersten Reihe saß – in Berlin und Paris.

Paris

Dort haben sie noch 2004 ihre erste Modenschau organisiert. Sie stellten Lautsprecher in die Fenster und ließen die Models, die sie vorher auf der Straße gecastet hatten, über den Bürgersteig laufen. Dann zeigten sie ihre Kollektionen fünf Saisons in London. „Verkauft haben wir dort nichts, aber die Presse war super“, sagt Johanna Kühl. Ihnen ging es darum, eine internationale Modenschau zu haben: „In Deutschland war damals nicht viel los.“ Als es dann mit der Berliner Fashion Week los ging, waren sie auch hier einige Male als Zugpferde dabei. Jetzt sind sie wieder nach Paris zurückgekehrt. Ihre Marke passt dort hin, findet Johanna Kühl. „Wir haben von Anfang an dort im Showroom gezeigt, aber jetzt, bei unserer Größe, müssen wir mehr investieren.“ Eigentlich sollten sie einen Shop in Paris eröffnen, um die Aufmerksamkeit über die ganze Saison zu erhalten

Die Läden

Die beiden Shops in Berlin und München laufen gut. Mit den Händlern, die ihre Sachen verkauften, war es nie einfach: „Manchmal hing man nicht in den richtigen Läden, da kann man als junges Label schon mal das Selbstbewusstsein verlieren.“ Aber in ihren eigenen Läden sehen sie genau, was funktioniert. Viele Touristen, die in den guten Hotels wohnen, werden zu ihnen geschickt, auch Personal Shopper kommen oft vorbei. Und Stammkunden sind wichtig: „Ich dachte immer, das ist so klein gedacht, aber es läuft super. Bei uns kaufen viele Geschäftsfrauen, die wenig Zeit haben und sich über Beratung freuen.“

Die Marke

Kaviar Gauche hat eine neue Tonalität in die deutsche Mode gebracht – elegant, eloquent, selbstbewusst. Das Label ist meilenweit vom Klischee des Berliner Stils entfernt, der sich zwischen ruppig, sportlich und avantgardistisch bewegt. Kaviar Gauche wird inzwischen als deutsche Marke identifiziert. Johanna Kühl und Alexandra Fischer-Roehler fühlen sich an der Spitze der Berliner Modebewegung wohl, sie haben eine Vorbildfunktion. „Wenige Marken haben es in Berlin geschafft. Ich verstehe bis heute nicht, warum so viele nicht aus dem Muspott gekommen sind“, sagt Johanna Kühl. Sie ist sich sicher: „Wenn wir nicht von Anfang an international verkauft hätten, wäre es hier nichts geworden.“

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