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Mode: Nachtrag zur Berlin Fashion Week: Digital werden

Die Modebranche befindet sich derzeit im Umbruch. Entsprechend drehten sich auf der Fashion Week viele Gespräche darum, wie es weitergehen soll.

Das war die Fashion Week der Fragen. Und zwar solcher Fragen, die über „Lange nicht gesehen, wie laufen die Geschäfte?“ und das recht amerikanisch gemeinte „Wie geht’s?“ hinausgingen. Stattdessen wurde genau nachgefragt, was die anderen machen und warum.

Dafür eignet sich Berlin gut, vor allem seit hier neben den Messen nicht mehr so viel auf dem Programm steht, dass den Besuchern schon nach zwei Tagen die Puste ausgeht. Im Gegenteil, es ist noch genug Zeit, um auf diverse Konferenzen und Empfänge zu gehen, und auch dort werden im Moment viel mehr Fragen gestellt als Antworten gegeben. Die klassischste ist die nach der Art der Präsentation. Früher war das einfach. Ein kleiner Kreis schaute sich die Entwürfe bei einer Schau an, nichts drang nach draußen. Danach war genug Zeit, um die Kleidung zu bestellen und sie dann, fast ein Jahr später, den Kunden vorzustellen.

Jetzt wissen oft die Kunden besser und früher, was sie wollen – und sie wollen es sofort, weil die Schauen live im Internet übertragen werden. Deshalb wird auf einer Konferenz wie der Fashiontech vor allem darüber diskutiert, wie man seine Waren möglichst schnell und vollständig ins Internet bekommt und sie da genau so präsentiert, wie sie im wirklichen Leben aussehen – schon alleine wegen der Retourenquote. Und darüber, dass die Mode digital werden muss, weil sie sonst keine Überlebenschance hat.

Diese Erkenntnis führt zu zwei Richtungen: Die einen setzen voll aufs Produkt, positionieren sich als authentisch und echt, sprechen über Materialien, filmen erst die Schafe auf der Weide, später die Näherinnen bei der Arbeit in der Produktionshalle oder stellen sich gleich zum Gruppenfoto mit lauter glücklichen Frauen in Kittelschürzen vor der Fabrik auf. Und immer an den Endverbraucher denken! Das sind die, die mit den Begriffen Nachhaltigkeit und Ethik genauso elegant jonglieren können, wie sie früher die neuesten Trends heruntergebetet hätten.

Immer weniger Besucher aus dem Ausland - die Fashion Week ist international immer weniger relevant

Zur anderen Richtung gehören die, die zwar noch ein Produkt verkaufen, aber eigentlich die Kunden vor allem mit dem Drumherum locken. Das beherrscht zum Beispiel die Berliner Designerin Marina Hoermanseder (siehe rechts oben) aus dem Effeff. Sie hat sich mit ihren kreischbunten Entwürfen, die gekonnt zwischen Fetischszene und gehobenem Kaufhaussortiment changieren, eine treue Fangemeinde aufgebaut, die bereit ist, jedes neue Logo-Sweatshirt mit ihrem Namen zu bejubeln. Und die es zu schätzen weiß, wenn Hoermanseder ihren Models Rollschuhe anschnallt, die schlimmsten Ohrwürmer der neunziger Jahre spielt und im Hintergrund noch Popcorn verteilt.

Popcornmaschinen gab es auch auf der Panorama, der kommerziellsten Messe der Berliner Fashion Week. Hier zeigten auch große vertikale Ketten wie Mango, auch die dänische Unternehmensgruppe Besteller war mit mehreren großen Ständen vertreten. Dazu gehört Vero Moda. Der Chef Jesper Reismann war am Ende des zweiten Tages richtig fröhlich. Erst ganz kurzfristig hatte sich Vero Moda dazu entschieden, auf der Panorama einen Stand aufzubauen, für sie war es ein Neustart in Berlin. „Bei uns ist so viel Neues passiert, das wollen wir einfach erzählen“, sagte Reismann. Es gibt neben der Hauptlinie eine neue, hochpreisigere Kollektion und nun nicht mehr nur ein paar einzelne nachhaltige Stücke, sondern eine ganze Kollektion.

Auch Reismann stellt erst einmal Fragen: Was sagen die anderen? Lohnt sich ein Messestand noch? Und noch viel wichtiger: Gibt es Alternativen? Er ist durchaus offen für Neues, vor allem wenn es etwas Digitales ist. Aber im Moment ist die Branche noch auf der Suche, und so lange gilt auch für Vero Moda: „Wir müssen kommunizieren, und solange es keine anderen Formate gibt, gehen wir eben auf Messen.“

Das führt dazu, dass viele Marken sich nicht auf nur einen Messeauftritt verließen wie die nachhaltige Kölner Marke Lanius, die gleichzeitig auf der Premium und auf der Neonyt ausstellte, um möglichst viele Kunden zu erreichen. „Mal sehen, ob sich das gelohnt hat“, sagt ein Mitarbeiter am Stand.

Was sich tatsächlich geändert hat, ist die Anzahl der ausländischen Besucher. Dass die Fashion Week international relevant ist, davon spricht keiner mehr. Früher gaben die Messen stolz Besucherzahlen aufgeschlüsselt nach Nationalität heraus. Heute ist es schon gut, wenn man hier den deutschen Markt erreicht.

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