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Teilnehmer einer Hass-Demo gegen den Youtuber „Drachenlord“.

© dpa/David Oßwald

Gehasst, gejagt und vertrieben: Was wurde aus dem Youtuber „Drachenlord“?

Tausende Hetzer machten ihm das Leben zur Hölle, tyrannisierten ihn in seinem Dorf – und nannten es ein „Spiel“. Am Ende blieb Rainer Winkler nur die Flucht.

Sie nannten es „Drachengame“. Jahrelang wurde der Youtuber Rainer Winkler, genannt Drachenlord, von Tausenden Internetnutzern schikaniert – zunächst nur online, dann auch bei Besuchen in dessen Heimatort Altschauerberg in Bayern.

Regelmäßig bewarfen sie sein Haus mit Steinen und Flaschen, beleidigten ihn und freuten sich darüber, wenn sich Winkler provozieren ließ und tobte, was dann wiederum gefilmt und ins Netz gestellt wurde, um neuen Hass gegen ihn zu entfachen. Das kollektive Mobbing reichte von Pizzabestellungen bis zur Schändung des Grabes seines Vaters.

Im Jahr 2018 versammelten sich an einem Tag bis zu 800 mehrheitlich alkoholisierte Mobber im Dorf, die Polizei musste eingreifen. Im Februar 2022 schließlich verkaufte Rainer Winkler das Haus und zog fort. Die Gemeinde ließ das Gebäude kurz darauf abreißen.

Nach dem Verlust seines Zuhauses reiste Winkler zunächst quer durch Süddeutschland, übernachtete in Hotels und Pensionen. Doch das „Drachengame“ geht weiter. In Foren organisieren sich seine Mobber. Sobald sie einen neuen Aufenthaltsort des heute 33-Jährigen herausgefunden haben, drängen sie das jeweilige Hotel dazu, ihn vor die Tür zu setzen. Zum Beispiel durch massenhafte Negativbewertungen im Internet sowie durch Telefonterror.

Weitermachen bis zum Suizid?

Manche wollen Winkler so lange weiter provozieren, bis der Gejagte weitere Straftaten begeht und ins Gefängnis muss. Andere wollen ihn in den Suizid treiben. Den Vorwurf des Mobbings weisen die Mobber zurück: Sie geben Winkler die Schuld an der Eskalation, schließlich beleidige dieser ebenfalls und werde auch handgreiflich.

Im März wurde Winkler wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Bewährungsstrafe von zwölf Monaten verurteilt. Er hatte unter anderem einen seiner Mobber mit einer Taschenlampe geschlagen. Der Zeuge war alkoholisiert vor Gericht erschienen.

Im November ist ein fünfteiliger Podcast „Cui Bono: Wer hat Angst vorm Drachenlord?“ erschienen, in dem Winklers Geschichte und die Mechanismen des Mobbings präzise nachgezeichnet werden. Außerdem plant Netflix eine Doku über den Drachenlord. Diese wird womöglich im kommenden Jahr erscheinen.

Winkler fühlt sich von den Behörden im Stich gelassen: Der Rechtsstaat schütze ihn nicht vor seinen Mobbern. „Das Schlimmste ist, dass es nie aufhört“, sagt er in einem Interview mit dem „Spiegel“. Auch seine Einnahmequelle Youtube hat Winkler inzwischen verloren, denn die Plattform hat seine Videos gelöscht. Auf Telegram teilen seine Feinde seinen aktuellen Wohnort, fotografieren ihn bei Cafébesuchen und kündigen neue Aktionen an.

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