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Die Zeitumstellung steht an.

© dpa/Sebastian Kahnert

Heute Nacht wird an der Uhr gedreht: Wer braucht das eigentlich noch?

Die EU tritt bei der Zeitumstellung auf der Stelle. Ist der Wechsel von Winter- auf Sommerzeit noch zeitgemäß? Drei Experten geben eine Einschätzung.

Von Miriam Schröder

Am Sonntag werden die Uhren eine Stunde nach vorne gestellt, obwohl das laut einer Umfrage 4,6 Millionen EU-Bürger:innen ablehnen. Wer braucht das eigentlich noch?

In unserem Format „3 auf 1“ analysieren immer drei Experten aus verschiedenen Richtungen die Lage. (Alle Folgen „3 auf 1“ können Sie hier nachlesen)


Rückkehr zur ganzjährigen Normalzeit

Als die Zeitumstellung eingeführt wurde, wollte man Energie sparen. Doch längst ist belegt, dass dieser Effekt ausbleibt. Stattdessen gibt es Studien zu Nachteilen für die Gesundheit und Leistungsfähigkeit. Wirtschaft und Gesundheitssystem würden von einer Abschaffung des Unfugs also ebenso profitieren, wie die Mehrheit der Bevölkerung.

Das größere Problem als die Zeitumstellung ist nämlich das anhaltende Leben in der falschen Zeitzone, Sommerzeit genannt. Sie zwingt vier von fünf Werktätigen und fast alle Jugendliche und junge Erwachsene dazu, ihren Schlaf sieben Monate lang morgens noch drastischer durch den Wecker zu begrenzen, als sie es im Winter vor der Zeitumstellung ohnehin schon tun.

Das resultierende chronische Schlafdefizit können die wenigsten am Abend oder am Wochenende kompensieren. Denn ihre biologische Uhr folgt der Sonnenzeit, nicht der Uhrzeit. Auf dem Weg heraus aus der unausgeschlafenen Gesellschaft hilft deshalb nur die Rückkehr zur ganzjährigen Normalzeit.


Eltern und Kinder sind die Leidtragenden

Wer die Zeitumstellung gar nicht gut verträgt, sind kleine Kinder, beziehungsweise deren Eltern. Da hat man das Baby mit unendlicher Geduld an einen Rhythmus gewöhnt, der einem selbst ein Minimum an Schlaf gönnt und zack, kommt die Winterzeit und ist das Kind eine ganze Stunde früher wach. Zwischen fünf und sechs Uhr morgens machen 60 Minuten einen Riesenunterschied. Die Sommerzeit macht eher Schulkindern zu schaffen, von denen viele ohnehin schon chronisch unausgeschlafen sind, wegen des Schulbeginns um acht Uhr, der weniger mit den Bedürfnissen der Heranwachsenden als denen der Arbeitgeber zu tun hat.

Das Internet ist voll mit Anleitungen, wie Eltern ihren Kindern durch die Zeitumstellung helfen können. Da wird etwa geraten, schon vorher jeden Tag zehn Minuten früher (oder später) ins Bett zu gehen, dann sei der Wechsel nach nur sechs Tagen geschafft. Zwölf Tage zetern und zerren jedes Jahr, das braucht nun wirklich niemand.


Die Zeiten sind heute andere

Energie zu sparen, war eines der Ziele bei der Einführung der Sommerzeit. Wie sehr wir das erreichen, ist nur schwer zu beziffern, denn an einer Stelle wird weniger und an anderer Stelle mehr verbraucht: Durch die Verschiebung um eine Stunde müssen wir im Sommer abends das Licht erst eine Stunde später einschalten, sparen also Strom.

Aber im Frühjahr und Herbst ist es, wenn wir aufstehen, etwas kälter und dunkler, wodurch wir für Beleuchtung und Heizung etwas mehr verbrauchen. Mit der heute genutzten LED-Technik sparen wir bei der Beleuchtung an Sommerabenden heute nicht mehr so viel wie noch in den 1980er Jahren. Hinzu kommt: Die längere Tageshelligkeit am Abend kann das Freizeitverhalten ändern und zu einem Mehrverbrauch im Verkehr und in Freizeiteinrichtungen führen.

Kritische Stimmen gibt es zudem auch von Lehrern und Chronobiologen wegen der Wirkungen auf den Tagesrhythmus des Menschen. Das EU-Parlament hat die Abschaffung beschlossen, aber die Mitgliedstaaten sind sich (noch) nicht einig.

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