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© Mike Wolff

Kolumne: Von TISCH zu TISCH: Il Punto

Das Wichtigste am italienischen Restaurant ist der Padrone. Einer, bei dem man sich das elegante Gastgeben abschauen kann, ist Guiseppe Perna. In seinem Rstaurant "Il Punto" probieren wir Bandnudeln mit Erbsen, Minze und Artischocken.

Das Wichtigste am italienischen Restaurant ist der Padrone. Wenn er gut ist, gibt er jedem neuen Gast das Gefühl, zum Stammpublikum zu gehören – und dem Stammpublikum, wie neue Gäste umworben zu werden. Er kennt sich in den Details der Küche aus, bewirbt sein meist überschaubares Weinangebot wie ein Meistersommelier und brilliert mit kleinen Gratis-Extras, ohne sie aufdringlich in den Vordergrund zu rücken: „Wolle Grappa, isse ganz milde, auffe Hause?“ – das geht natürlich gar nicht. Und das Herumfuchteln mit gigantischen Pfeffermühlen hat er sich auch längst abgewöhnt.

Einer, bei dem man sich das elegante Gastgeben abschauen kann, ist Guiseppe Perna, der sich mit dem „Il Punto“ am Brandenburger Tor ein Stammpublikum aufgebaut hatte und erfolgreich an seine Bonner Zeit als Nobel-Marketender der Regierung anknüpfte. Am Tor musste er schließen, nun gibt es ein neues Punto, dezenter untergebracht, außerhalb der Reichweite hungriger Touristen, die ohnehin nicht ins Profil passen.

Das neue Restaurant ist intimer, sehr aufwendig eingerichtet, gut beleuchtet und akustisch angenehm. Wieder dabei sind die Fotos des Politikgeschäfts, Kohl und Gorbatschow beim Ausformulieren der Einheit, von beiden handsigniert, solche Dinge. Wer mag, der kann unter einem halben Westerwelle speisen, vermutlich schaut der Außenminister auch persönlich mal rein.

Mit dem Essen im alten Restaurant hatte ich meine Probleme, zu viel Krampf, zu viel Originalitätssucht. Jetzt gibt es keinen offiziellen Küchenchef mehr, ein Team ist am Werk, und es liefert sehr gute Arbeit ab, eindeutig italienisch, aber nicht einfältig, sondern modern, differenziert, mit Erfahrungen aus der internationalen Gourmetküche. Deshalb kommen die roten sizilianischen Garnelen, ein tolles Produkt, roh als „Sashimi“ unverfremdet auf den Teller, das schmeckt fast so gut wie im göttlichen „Duomo“ in Ragusa, als Begleitung gibt es nur etwas dezenten Sellerie und einen Hauch gutes Olivenöl. „Melodie“ von Zwiebeln und Knurrhahnfilet mit Tomatenragout, na, das ist ein wenig hochtrabend, eine ganz lustige Kombination aus knackig geschmorten Zwiebeln und Fischfilets, die leider ein wenig übergart waren.

Bei der Consommé aus San-Marzano-Tomaten wurde der Geschmack hundertprozentig exakt getroffen, die Gemüseperlen drin hatten Aroma, die Ravioli Substanz – das kann man kaum besser machen. Sehr gut die „Paccheri alla Ciampi“, die Perna für den italienischen Staatspräsidenten komponiert hat, breite Bandnudeln mit Erbsen, Minze und frischen Artischocken in Olivenölsauce, eine Neuheit, die wie ein Klassiker wirkt. Herausragend gelang auch das Zucchini-Risotto zum saftigen gefüllten Perlhuhn („Saltimbocca“) mit kleinen, sehr sorgfältig gegarten Gemüsen, während die Seeteufel-Medaillons mit Safran-Sellerie und Mascarponesauce wieder ein wenig zu lang in der Pfanne gelegen hatten, ein bisschen glasig sind sie besser. Dem guten Geschmack tat das keinen Abbruch. (Vorspeisen um 13, Hauptgänge um 27 Euro).

Was die Desserts angeht, so rate ich, sich nicht vom ersten Eindruck täuschen zu lassen. Denn da stehen zwar scheinbar die Klassiker in der Karte, aber sie werden neu interpretiert: Das Tiramisu kommt statt mit Espresso mit schaumig- leichter Limoncello-Creme, und die köstliche Crème brûlée ist aus Ziegenmilch, schon leicht salzig, von Orangeneis einleuchtend begleitet.

Die Weinkarte: klassisch. Lageder und Jermann und Gavi di Gavi und alle Roten, die man in dieser Kategorie erwartet, das mag für den Anfang reichen. Aber es dürfte mehr werden, jedenfalls schließe ich das daraus, dass die „Lasagneria“ nebenan, eine Art Weinbistro, bereits wesentlich mehr anzubieten hat, sogar ein paar gute deutsche Flaschen.

Was haben wir hier? Kulinarisch die Berliner Nummer drei der Italien-Hitliste, gleich nach „Gabriele“ und „Ana e Bruno“, neben der „Calice“. Und die Art, wie der Padrone den Betrieb führt, hat klar den Drang zur Spitze.

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