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Ein buntes Volk tritt auf, junge Leute und Veteranen der Subkultur.

© ZDF und Johannes Thieme/Johannes Thieme

Die Doku „Berlin Utopiekadaver“: Wie resigniert ist die Besetzerszene?

Der ZDF-Film „Berlin Utopiekadaver“ liefert eine unkommentierte Innenansicht der linken Besetzer-Szene und keine um Ausgewogenheit bemühte Fernseh-Doku.

Der Traum vom autonomen Leben jenseits kapitalistischer Strukturen: Was ist übrig davon nach den Räumungen der vergangenen Jahre in Berlin? Autor und Regisseur Johannes Blume liefert mit dem Dokumentarfilm „Berlin Utopiekadaver“ (ZDF-Mediathek ab 23. Februar) eine unkommentierte Innenansicht der linken Besetzer-Szene.

Das Misstrauen gegenüber Medien ist groß, doch Blume brachte mehr als 20 Bewohnerinnen und Aktivisten verschiedener Häuser und Projekte dazu, sich vor der Kamera zu äußern. Ein buntes Volk tritt auf, junge Leute und Veteranen der Subkultur, Punker, queere Menschen, ein sympathisierender Taxifahrer, Handwerker, Artisten und Musikerinnen.

Als Berliner nahm ich mit Erstaunen wahr, dass die Boulevardpresse, aber auch der Qualitätsjournalismus ein Bild über die linksautonomen Orte der Stadt zeichnen, das stark übertrieben oder einfach nicht mehr aktuell ist.

Johannes Blume

Blume drehte in der Liebigstraße und der Rigaer Straße, im Tuntenhaus und in der Meuterei, ist mit der Kamera dabei, als der Köpi-Wagenplatz geräumt wird und das Jugendzentrum Potse schließt. Es wird viel geredet und demonstriert, gemeinsam gekocht, gearbeitet – und getanzt. Wie überhaupt die Musik eine besondere Rolle spielt.

Die Sehnsucht nach alternativen Räumen und Rückzugsorten ist zu spüren – und gleichzeitig wird um Anerkennung geworben, weil die autonomen Kollektive auch etwas für die Gesellschaft leisten: kostenlose Unterkunft für Wohnungslose, Suppenküchen und ehrenamtliche soziale Arbeit.

Davon ist leider wenig zu sehen, mit Ausnahme einer alten Dame, die von einer Trans-Person betreut wird. Die Kritik an Gentrifizierung und Spekulation können sicher viele unterschreiben, aber der Film, koproduziert vom Kleinen Fernsehspiel des ZDF, ist keine um Ausgewogenheit bemühte Fernseh-Doku.

Nicht zu Wort kommen deshalb: Politiker, Immobilienbesitzer und auch niemand von der Polizei, gegen die sich die Wut der Linksautonomen vor allem richtet. Blume zeigt den Aufmarsch der Staatsgewalt, verzichtet jedoch auf die üblichen Bilder von Krawallen und lässt die aggressiven Parolen und Liedtexte der Szene für sich sprechen. Trotz der kämpferischen Rhetorik hält am Ende ein eher resignativer Ton Einzug. Die Räumungen haben Wirkung hinterlassen.

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