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Sabine Heinrich (l, seit 2014 im Team) und Lisa Ortgies, Moderatorinnen der Sendereihe "Frau tv" des Westdeutschen Rundfunks.

© dpa

„Frau tv“ wird 25: Die Weltretterinnen

„Viele Themen haben wir gewissermaßen auf Wiedervorlage, weil sie immer aktuell bleiben.“ Warum es das „Frau tv“-Magazin auch nach 25 Jahren noch braucht.

Rosi, seit 40 Jahren Büdchenbesitzerin, die alleinerziehende Claudia, die sich und ihren Körper mit 55 neu entdecken will, „Women in War“, ein Podcast über Kriege aus Sicht der Frauen, oder die aus Iran im Alter von 13 Jahren alleine nach Deutschland kommende Emitis, die hier Karriere gemacht hat und jetzt anderen helfen will: thematisch ein typischer Fernsehabend mit „Frau tv“.

Seit 25 Jahren sucht sich und findet das Magazin seine Nische im Dritten, und man weiß gar nicht, was 2022 mehr verwundert: dass es ein Frauenmagazin im Fernsehen überhaupt noch braucht, wo diese Themen mittlerweile doch auch woanders stattzufinden scheinen, oder der Fakt, dass ein Drittel der Zuschauer Männer sind. („Frau tv“, Donnerstag, WDR, 22 Uhr)

Der Reihe nach. Für Moderatorin Lisa Ortgies macht das Format nach 25 Jahren noch Sinn, auch wenn viele der Themen in anderen Programmen angekommen und vergleichbare Sendungen wie „Mona Lisa“ im ZDF längst eingestellt sind. „Soweit ich weiß, ist der Deal bei Männern und Frauen 50:50“, sagt Ortgies im virtuellen Pressegespräch.

Da sei noch viel Luft nach oben, was die Verteilung von Ressourcen, Geld, Arbeit, Macht betrifft. Und bevor die nächste Frage kommt, sagt sie: „Ja, stimmt, manches über die Lebenswirklichkeit von Frauen erzähle ich in ,Frau tv‘ schon seit 20 Jahren.“ Bei manchen Themen gebe es aber auch Rückwärtsentwicklungen, siehe aktuell den Kult ums Magersein oder das Abtreibungsrecht in den USA.

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Das sieht ihre Kollegin Sabine Heinrich, die seit 2014 dabei ist, ähnlich, mit dem Verweis auf die Pandemie, als vielfach die Frauen den Großteil der Belastungen in den Familien getragen hätten. „Da spüre ich eine Art Rollback, was die Rolle der Frau in der Gesellschaft betrifft. Sicher, Kollegen übernehmen unsere Themen auch in anderen Medien wie den ,Tagesthemen‘, oft aber in der Rangfolge weiter hinten.“

In der Konzentration der Themen brauche es „Frau tv“. „Und wir bewegen mit der Sendung ja auch was, zum Beispiel beim Thema Upskirting, das Frauen-unter-den-Rock-Fotografieren, das seit Januar 2021 endlich strafbar ist.“

Da braucht es erst mal die Google-Suche, was das eigentlich ist: Upskirting, aber das macht wohl die Relevanz von „Frau tv“ aus: Themen setzen, beharren, festbeißen, auch abseits von #MeToo-Aufregungen, weil es um die Gleichberechtigung der Frau auch 2022 noch nicht so richtig gut bestellt ist.

Das schadet auch bei Männern nicht

Zum Start 1997 war es noch gewagt, eine solche reine Frauensendung zu machen. Viele der Themen galten als schambehaftet oder völlig unnötig. Über die Menstruation zu sprechen, war damals tabu. In der Sendung erzählten von Anfang an Frauen offen über sich und ihr Leben.

Ähnlich wie zunächst auch bei „Mona Lisa“ im ZDF, von 1988 bis 2017, doch das Frauenmagazin driftete immer mehr ins Gesellschaftlich-Boulevardeske à la „Bunte“ ab, machte sich fast überflüssig. Das ist mit Lisa Ortgies und Sabine Heinrich nicht zu machen.

Nun steht „Frau tv“ in der Fernsehlandschaft alleine da, wohlgelitten beim WDR und beim Zuschauer, der mehr wissen will zu Gender Pay Gaps, Betreuung und Fürsorgearbeit, die fast alleine von Frauen gemacht wird, oder Körpergefühl und Sex. 30 Minuten Sendung die Woche sind fast zu wenig.

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„Viele Themen haben wir gewissermaßen auf Wiedervorlage, weil sie immer aktuell bleiben“, sagt Sabine Heinrich. Über häusliche Gewalt, Ungerechtigkeiten bei der Bezahlung oder den Spagat zwischen Beruf und Kindern müsse man, leider, immer wieder berichten. Die Sendung zeige viele mutmachende Beispiele und stelle „starke“ Frauen vor, die Impulse setzen und Vorbilder sein könnten, so Ortgies.

Das schadet auch bei Männern nicht. Seit 2015 wird das Magazin ein, zwei Mal im Jahr als „Mann tv“ ausgestrahlt. Laut WDR sind tatsächlich rund ein Drittel der Zuschauer Männer. „Viele davon gucken die Sendung alleine, es sind auch viele Paare dabei, die anschließend über die Themen diskutieren“, sagt Ortgies. Frauenthemen gehen wohl alle an.

Dass von dem Format in diesen Krisenmonaten und -jahren auch viel Hoffnung kommen kann, zeigt ein Thema der Jubiläumsausgabe: „Warum ist die Zukunft weiblich?“ Das erklären die Psychologin Ines Imdahl und die Nachhaltigkeitsjournalistin Janine Steeger, die in einem Buch prophezeien: „Warum Frauen die Welt retten werden“.

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