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Medien: EIN BEZAHLWALL RUND UM DAS ONLINEANGEBOT

Die am meisten diskutierte Methode zur Refinanzierung des Journalismus im Internet ist die Paywall, also die Bezahlschranke. Sie galt wegen des großen kostenlosen Angebots in Deutschland lange als unrentabel, weil die geringen Einnahmen in keinem Verhältnis zur niedrigeren Reichweite stehen würden, von der wiederum die Höhe der Anzeigenerlöse abhängt.

Die am meisten diskutierte Methode zur Refinanzierung des Journalismus im Internet ist die Paywall, also die Bezahlschranke. Sie galt wegen des großen kostenlosen Angebots in Deutschland lange als unrentabel, weil die geringen Einnahmen in keinem Verhältnis zur niedrigeren Reichweite stehen würden, von der wiederum die Höhe der Anzeigenerlöse abhängt. Was die „harte Paywall“ angeht, also das Verschwinden sämtlicher Inhalte hinter einer Schranke, hat sich daran auch nichts geändert. Schließlich sind der Branche noch negative Beispiele wie das der traditionsreichen „Times“ im Gedächtnis, die nach der Einführung der Bezahlmauer zwischenzeitlich mehr als die Hälfte ihrer Nutzer verloren hatte. Ein Modell, das sich zunehmender Beliebtheit erfreut, ist dagegen die „sanfte Bezahlschranke“.

Als einer der Vorreiter gilt die „New York Times“. Mit nur zehn kostenlosen Artikeln pro Nutzer und Monat, Bezahlinhalten sowie Texten, die nur kostenlos sind, wenn sie aus sozialen Netzwerken wie Facebook angesteuert werden, hat das Blatt nach eigenen Angaben nicht nur die Online-Einnahmen erhöht, sondern auch die Zahl der klassischen Abonnements. Viele Experten bezweifeln jedoch diese Angaben. In Deutschland ist vor allem Springer vorgeprescht. Während eine Verlagssprecherin die „positiven Erfahrungen“ betont, entsteht bei einem Blick auf die Zahlen ein ambivalentes Bild.

Nach Einführung der Paywall Ende 2009 wurde der vorherige rasante Anstieg der Nutzerzahlen beim „Hamburger Abendblatt“ gebremst, die Zahl stagnierte lange bei circa sechs Millionen Nutzern im Monat. Nach zwischenzeitlichen Höhenflügen sind es aktuell knapp 10 Millionen. Wobei das „Abendblatt“ als lokale Qualitätszeitung in Hamburg praktisch konkurrenzlos ist, nach wie vor zahlreiche Artikel umsonst anbietet und eigentlich eine „falsche Paywall“ betreibt: Kostet ein Artikel Geld, kann man diesen dennoch kostenlos lesen, wenn man ihn statt über die Seite selbst über Google News ansteuert.

Noch schwieriger sieht es bei der „Berliner Morgenpost“ aus, die sich in der Hauptstadt gegen zahlreiche Konkurrenten behaupten muss. Nachdem im März 2009 mit 3,7 Millionen Besuchern ein eigener Rekord gebrochen wurde, stürzte die Zahl nach der Paywall-Einführung um mehr als eine Million ab. Seither konnte sie stabilisiert werden, im letzten Monat verzeichnete die Seite 4,7 Millionen Besucher. Die meisten Konkurrenten, auch der Tagesspiegel, sind jedoch im gleichen Zeitraum deutlich schneller gewachsen. Trotzdem will Springer noch in diesem Jahr Welt Online kostenpflichtig machen, die „Bild“ folgt 2013.

Seit einer Woche begrüßt auch die „taz“ ihre Leser mit einer Bezahlschranke. Die Nutzer können zahlen – oder sich mit einem „nein, danke“ kostenlos weiterklicken. Bereits 2011 führte die „taz“ unter dem Motto „Kultur der Fairness“ das freiwillige Bezahlen ein. Die Idee war, Nutzer per Mausklick jeweils so viel zahlen zu lassen, wie ihnen ein Text wert war. Seither wurden über diese von der „taz“ selbst als „Pay-Wahl“ bezeichnete Methode allerdings gerade einmal 70 000 Euro eingenommen. Yahoo-Chefin Marissa Meyer hat einmal auf einer Konferenz gesagt: „Die atomare Konsumeinheit verändert sich. Früher war es ein Album, jetzt ist es ein Song. Früher war es eine ganze Zeitung, heute ist es ein einzelner Artikel.“ Experten bezweifeln jedoch, dass sich der Kauf einzelner Artikel im Netz langfristig durchsetzen kann.

Auch wenn sich die meisten Verlage über die Höhe der Einnahmen durch Paywalls in Schweigen hüllen und diese bislang ziemlich klein ausgefallen sein dürften, ist die sanfte Bezahlschranke im Kommen. Aktuell kündigten die „FAZ“ und die „Süddeutsche Zeitung“ ihre mögliche Einführung an. Branchenriese Spiegel Online hat diese Woche beschlossen, für einzelne Inhalte, besonders für exklusive Geschichten und Analysen, künftig Geld zu verlangen. Nik Afanasjew

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