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Für ProSieben begibt sich Der Schauspieler Fahri Yardim auf "Die Suche nach dem Glück". In Sachen Integration ist der Privatsender ein Vorzeigebeispiel.

© Jörg Carstensen/dpa

Fahri Yardim bei ProSieben: Gelebte Integration

Wenn Fahri Yardim für ProSieben das Glück sucht, ist seine Herkunft aus Sendersicht belanglos.

Es ist schon ein Weilchen her, dass Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland ausnahmslos Ausländer waren, die ausnahmslos Ausländerzeugs machen, also das, was Inländer darunter verstehen: arm sein, kinderreich, kriminell, rückständig, unqualifiziert, anders, gern alles in einer sprachlich, optisch, habituell unverkennbar ausländischen Person. Ob Drama, Schwank und Schnulze, „Derrick“, „Voll normaal“ oder „Schwarzwaldklinik“: falls das Fremde aus hiesiger Produktion am Bildschirm zu sehen war, hatte es jahrzehntelang maximal drei Aggregatszustände in drei Berufen: Gangster, Flüchtling, Putzfrau, also Täter, Opfer, Accessoire. Und da war vom Unterhaltungsprogramm, das einst allenfalls ein paar assimilierte Holländer auf der Showbühne duldete, nicht einmal die Rede.

Doch das ist zusehends Geschichte. Fast 50 Jahre, nach Fassbinders Gastarbeiter Ali in „Angst essen Seele auf“ kriegt der leibhaftige Tayfun Bademsoy zwar weiterhin „nur Kanaken“ angeboten, wie der Schauspieler noch vor drei Jahren berlinerte; die türkischstämmige Schwäbin Sibel Kekilli hingegen darf im „Tatort“ mittlerweile Sarah Brandt heißen, ihr Münchner Kollege mit tunesischem Baba Elyas M’Barek sogar Müller. Und dass Dunja Hayali persische Eltern hat oder Linda Zervakis griechische, interessiert eigentlich nur noch die wütendsten Schreihälse vom hartrechten Rand.

Es beruhigt sich also auf dem Schlachtfeld nationaler Stereotypen. Und daran hat besonders ein Sender spürbaren Anteil, dessen Angebot ansonsten eine Grabbelkiste handelsüblicher Klischees ist: ProSieben. Der Spiel- und Spaßkanal aus Unterföhring mag die Oberfläche notorisch zum Wesenskern machten, weshalb sein weibliches Personal vor der Kamera grundsätzlich maximal elf Prozent der makellosen Haut mit Kleidung bedecken darf; wenn er den „jerks.“-Star Fahri Yardim für seinen Docutainment-Vierteiler zum Thema Glück auf Reportagereise um die Welt schickt, zeigt sich erneut, wie gleichgültig ProSieben Hautfarbe und Herkunft seiner Moderatoren ist.

Entscheidend ist die Fähigkeit des Moderators

So gleichgültig offenbar, dass der Sender selbst auf mehrfaches Nachfragen hin nicht bereit ist, ein paar davon aufzuzählen. „Die Herkunft vor oder hinter der Kamera“, meint ProSieben-Sprecher Christoph Körfer spürbar indigniert, „war noch nie ein Einstellungskriterium“. Es gehe schließlich „bei der Auswahl eines Moderators immer um seine Fähigkeit, ein Thema gut dem Zuschauer vermitteln zu können“. In der Tat. Dies jedoch seit Jahren konsequent mit Namen von Gülcan Karahanci bis Daniel Aminati zu tun, trägt womöglich mehr zur organischen Integration international vorgeprägter Biografien bei als jede Heimatfilmschnulze mit Erol Sander oder schlimmer noch: all jene servilen Hilfskräfte, die den Passagieren des „Traumschiffs“ beim Landgang in fließendem Deutsch den Urlaub versüßen.

Während die Schlüsselstellen fiktionaler Macht von Politik und Wirtschaft bis Kultur und Forschung noch immer – wie in der Wirklichkeit – vorwiegend biodeutsch besetzt werden, hat ProSieben einen Aiman Abdallah bereits 1998 zum Chef des unverändert populären Wissensmagazins „Galileo“ gemacht. Im Fernsehen professoraler Moderatoren wie Jochen Bublath war das seinerzeit noch richtungsweisender als Ranga Yogeshwar in der WDR-Nische oder Cherno Jobatey im ZDF-Morgenmagazin. Und hat der wachsenden Gleichgültigkeit ethnischer Attribute definitiv Vorschub geleistet.

Konzept und Ausführung der „Liveshow bei Dir zuhause“ zum Beispiel mögen noch reichlich Luft nach oben haben; zum Auftakt des heiteren Straßenwettkampfs Familie Kurtboz gegen Familie Köhn antreten zu lassen, ist in der ARD auch eine Generation nach dem Start der multikulturell hyperaktiven „Lindenstraße“ ebenso schwer vorstellbar wie ein Magier namens Farid, dem ProSieben eine Zaubershow zur besten Samstagssendezeit spendierte. Immerhin hat das Erste vor 13 Jahren mit „Türkisch für Anfänger“ eine Serie geschaffen, in der die vermeintlichen Ausländer oft deutscher waren als vermeintliche Inländer, ohne groß darauf rumzureiten. In einer Episodenrolle zu sehen: Fahri Yardim, der jetzt mit breitestem Hamburgisch für ProSieben das Glück sucht. Türkisch ist für ihn da nur noch der Name. Obwohl… eigentlich auch egal.

„Fahri sucht das Glück“, ProSieben, Montag, 22 Uhr 10

Jan Freitag

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