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Medienethik: Mehr Beschwerden über Schleichwerbung

Immer öfter muss sich das Gremium, das als Selbstkontrollorgan der deutschen Verlage fungiert und Beschwerden von Lesern überprüft, mit Fällen von Schleichwerbung in Zeitungen und Zeitschriften beschäftigen. Deshalb will der Presserat jetzt einen Leitfaden für Verlage herausgeben.

Hübsch sah das Bild aus, auf dem Schauspielerin Natalia Wörner vor dem Auto kniete. Im darunter stehenden Text schwärmte sie davon, wie toll dieser Wagen ist – leider waren Artikel und Fotos, die kürzlich in der „Bunte“ erschienen, teilweise aus dem PR-Material des Autoherstellers übernommen. Das Blatt verletzte damit Ziffer 7 des Pressekodexes, wonach Werbung und redaktionelle Beiträge deutlich getrennt werden müssen. Der Presserat erteilte eine Rüge an die „Bunte“ wegen Schleichwerbung.  Während im Jahr 2000 drei Beschwerden zum Trennungsgebot behandelt wurden, waren es im vergangenen Jahr 72. Und auch 2008 hat es dazu bereits 37 Beschwerden gegeben. Das teilte der Presserat am Donnerstag auf seiner Jahrespressekonferenz mit.

Ob der wirtschaftliche Druck, unter dem Redaktionen und Verlage zunehmend stehen, Grund für die stärkere Vermischung von redaktionellen und werblichen Inhalten ist, wollte Manfred Protze, Sprecher des Presserates, zwar nicht bestätigen. Verlage seien aber teilweise unsicher, welche Kriterien beim Trennungsgebot entscheidend sind, beispielsweise, wann die Internetadresse eines Unternehmens angegeben werden darf. Das Gremium will deshalb einen Leitfaden zum Trennungsgebot erstellen. Darin könnte dann auch stehen, dass eine Webadresse nicht direkt auf die Verkaufsseite eines Unternehmens führen darf.

Gremium wird auch fürs Internet zuständig

Insgesamt ging die Zahl der Beschwerden 2007 jedoch zurück: 735 wurden beim Gremium eingereicht, etwa jeder zehnte Fall führte zu einer Rüge. 2006 waren es noch 954 Beschwerden. Damals gingen jedoch Massenbeschwerden zu den sogenannten Mohammed-Karikaturen ein. Zusätzlich habe eine Universität im Rahmen eines studentischen Seminars Beschwerden erstellen lassen. Für 2008 rechnet das Gremium deshalb mit weniger Beschwerden.

Ab 2009 wird das Gremium nicht nur für gedruckte Veröffentlichungen, sondern auch für journalistische Produkte im Internet zuständig sein und Beschwerden prüfen, die sich auf Audio- oder Videoaufnahmen im Netz beziehen. Einzige Ausnahme: Inhalte, die als Rundfunk gelten und deswegen von den Landesmedienanstalten kontrolliert würden. „Aber eine kurze Bildsequenz oder ein O-Ton ist noch kein Rundfunk“, sagte Protze. Unklar sei noch, wo und wie lange die Rügen des Presserats im Netz veröffentlicht werden sollen. Sonja Pohlmann

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