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© dpa

Öffentlich-rechtlicher Rundfunk: Bremsen für ARD und ZDF

Also doch: Die Länderchefs wollen die Onlinepräsenz der Öffentlich-Rechtlichen einschränken. Selten ist ein medienpolitisches Papier verabschiedet worden, dass es so vielen recht machen wollte.

Nun ist es raus: ARD und ZDF müssen sich auf eine Einschränkung ihrer Aktivitäten im Internet einstellen. Nach dem Entwurf für einen neuen Rundfunkstaatsvertrag, den die Ministerpräsidenten der Länder am Donnerstag nach monatelanger Diskussion einvernehmlich verabschiedet haben, dürfen die öffentlich-rechtlichen Anstalten in Zukunft nur „sendungsbezogene“ Angebote ins Netz stellen und keine „elektronische Presse“ veranstalten (siehe Kasten). Auch im Bereich der Unterhaltung läuft es auf klare Regeln hinaus. „Es wird keine Kontaktbörsen, Beratungsdienste oder Freizeittipps im Internet bei ARD und ZDF geben“, sagte der Vorsitzende der Ministerpräsidentenkonferenz, Hessens Regierungschef Roland Koch (CDU).

Selten ist ein medienpolitisches Papier verabschiedet worden, dass es so vielen recht machen wollte. An wen mussten die Politiker nicht alles denken: EU-Kommission, Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe, Vertreter der Öffentlich-Rechtlichen einerseits, Privat-TV und Verlegerverbände andererseits, sowie die Interessen der Millionen Fernsehzuschauer und Internetnutzer. Der neue Rundfunkstaatsvertrag soll bundeseinheitlich regeln, was öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten in der schönen neuen Onlinewelt alles dürfen und was nicht.

Gerade um den Passus der Sendungsbezogenheit der Web-Angebote von ARD/ZDF war heftig gerungen worden. Berlins Regierender Bürgermeister Wowereit (SPD) sprach von einer weitgehenden Einigkeit der Landeschefs, räumte aber ein, dass nicht alle Interessen unter einen Hut zu bekommen seien. Nach dem Entwurf sollen größere Sportereignisse wie Olympia oder Pokalspiele grundsätzlich 24 Stunden im Netz bereitgestellt werden. Andere Angebote sollen sieben Tage abrufbar sein. Eine finanzielle „Deckelung“ der Onlineaktivitäten werde es nicht geben. Bislang hatten sich ARD, ZDF und Deutschlandradio selbst verpflichtet, „nur“ bis zu 0,75 Prozent ihrer Ausgaben für Onlineaktivitäten aufzuwenden. Die Intendanten hätten den Länderchefs keine plausible Einschätzung geben können, wie eine Deckelung in Zukunft aussehen könne, erklärte Koch.

Die Internetauftritte von ARD und ZDF waren besonders von den deutschen Verlegern kritisiert worden, weil diese darin eine Konkurrenz für ihre journalistischen Onlineprodukte sehen. Die EU-Kommission hatte die Bundesrepublik aufgefordert, den Programmauftrag des gebührenfinanzierten Rundfunks mit Blick auf das Medium Internet zu präzisieren. Damit hapert es allerdings noch. Das betrifft auch die drei Säulen, auf die der öffentlich-rechtliche Rundfunk laut Koch ruhen soll: Information, Bildung, Unterhaltung. Trotz des Verbots von Kontaktbörsen etc. ist offen, welche Unterhaltungsangebote die Länder ARD, ZDF und Deutschlandradio im Netz erlauben werden. In einem Entwurf war erwogen worden, Unterhaltung für Kinder und Jugendliche zuzulassen.

Die endgültige Entscheidung über den 12. Rundfunkänderungsstaatsvertrag wurde auf den Oktober vertagt. Vor einer Beschlussfassung soll diese Frage mit der EU-Kommission abgestimmt werden. Die prüft, ob das neue Rundfunkgesetz dem europäischen Wettbewerbsrecht entspricht. In Deutschland wollen sich die Länderchefs nochmals mit Vertretern des öffentlich-rechtlichen Rundfunks sowie der privaten Medienwirtschaft und Verfassungsjuristen zu Konsultationen treffen. „Wir wollen keinen Streit mit Brüssel und keinen neuen Gang nach Karlsruhe“, sagte Koch.

ARD und ZDF sollten sich nun mit neuen Programmvorhaben und Internetauftritten zurückhalten, sagte der Präsident des Verbandes Privater Rundfunk und Telemedien, Jürgen Doetz. Kritik übte der Deutsche Journalisten-Verband (DJV). Die Ministerpräsidenten setzen öffentlich-rechtlichen Sendern im Internet „zu starre Grenzen“, sagte DJV-Chef Michael Konken. Der ARD-Vorsitzende Fritz Raff nimmt an, dass bereits bestehende Onlineangebote der ARD nicht im Widerspruch zum Entwurf des Staatsvertrages stünden. Ein Sprecher vom Bundesverband Deutscher Zeitungsverleger (BDZV) sagte, unter dem Etikett „sendungsbezogen“ dürften ARD und ZDF weiterhin Angebote machen, die in Form und Inhalt quasi identisch mit vielen Internetportalen der Verlage seien.

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