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Fotoreporter auf einer Demonstration

© dpa/Markus Scholz

Pressefreiheit unter Druck: Deutschland rutscht im Ranking fünf Plätze nach unten

„Reporter ohne Grenzen“ hat die jährliche Rangliste der Pressefreiheit veröffentlicht. In 70 Prozent der 180 untersuchten Länder sind die Arbeitsbedingungen für Medienschaffende weiter problematisch.

Krisen, Kriege und Konflikte gefährden die weltweite Pressefreiheit. Im vergangenen Jahr sei deren Lage so instabil gewesen wie seit Langem nicht, beklagte die Journalistenorganisation „Reporter ohne Grenzen“ anlässlich der Veröffentlichung ihrer Rangliste der Pressefreiheit am Mittwoch. Deutschland wurde auf der Liste erneut zurückgestuft. Grund sei die weiter wachsende Gewalt gegen Journalistinnen, Journalisten und Medien, teilte die Organisation in Berlin mit.

Mit 103 physischen Angriffen sei ein neuer Höchststand erreicht, hieß es. Die Mehrheit der Attacken habe in verschwörungsideologischen, antisemitischen und extrem rechten Kontexten stattgefunden. Im Jahr 2021 hatte es demnach 80 Angriffe gegeben, 2020 waren es 65. Deutschland belegt auf der Liste Rang 21 (2022: Rang 16). „Reporter ohne Grenzen“ veröffentlichte seine Rangliste zum internationalen Tag der Pressefreiheit am 3. Mai. Deutsche Medienschaffende erlebten demnach überdies zunehmende Queerfeindlichkeit, Sexismus und Rassismus, vor allem wenn sie über diese Themen berichteten.

Norwegen belegt zum siebten Mal in Folge den ersten Platz. Erstmals seit Langem folgt auf dem zweiten Platz mit Irland ein Land außerhalb Skandinaviens. Dort habe der Pluralismus auf dem Medienmarkt zuletzt zugenommen, hieß es. Ein neues Verleumdungsgesetz schütze Medienschaffende vor missbräuchlichen Klagen. Damit verdrängt Irland Dänemark vom zweiten auf den dritten Platz.

Die Unterdrückung unabhängiger Berichterstattung in Russland infolge des Ukraine-Krieges und Festnahmen von Medienschaffenden in der Türkei sorgten dafür, dass mehrere Länder auf der Rangliste abrutschten. Schlusslichter in Sachen Pressefreiheit sind Vietnam (Rang 178), China (Rang 179) und Nordkorea (Rang 180). In China säßen mit mindestens 100 derzeit so viele Journalistinnen und Journalisten wegen ihrer Arbeit im Gefängnis wie in keinem anderen Land. Mehr als zehn von ihnen könnten laut Journalistenorganisation im Gefängnis sterben, wenn sie nicht umgehend freigelassen werden.

Die Arbeitsbedingungen für Medienschaffende sind laut „Reporter ohne Grenzen“ ähnlich wie im Vorjahr in rund 70 Prozent der Länder weltweit problematisch. Mit Tadschikistan, Indien und der Türkei seien drei Länder in die schlechteste Kategorie „sehr ernst“ abgerutscht. Das größte Problem sei nach wie vor die Sicherheitslage für Journalistinnen und Journalisten. Sie würden auf Demonstrationen angegriffen, kämen in bewaffneten Konflikten ums Leben, würden gezielt ermordet, willkürlich festgenommen oder zu langjährigen Haftstrafen verurteilt.

Der Vorstandssprecher von „Reporter ohne Grenzen“, Michael Rediske, beklagte eine wachsende Aggressivität gegenüber Medienschaffenden: „Viele Regierungen und gesellschaftliche Gruppen versuchen, kritische Berichterstattung zu unterbinden.“ Erschreckend sei, dass die Zahl der Übergriffe in Deutschland auf ein Rekordhoch gestiegen sei. Demokratische Regierungen müssten Medien in ihren eigenen Ländern unterstützen, den Druck auf autoritäre Regime erhöhen und auch Exilmedien stärken. „Desinformation darf nicht die Oberhand behalten“, mahnte Rediske. (epd)

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