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Medien: Propaganda-Schinken

Vorwurf: Ägyptische Fernsehserie verbreitet Antisemitismus

So sicher wie jedes Jahr der islamische Fastenmonat Ramadan stattfindet, so sicher ist es auch, dass es in dieser Zeit zu einer Kontroverse um die Medien kommt. Ursache ist stets eine der arabischen Fernsehserien, die für diese muslimische Festzeit produziert werden. Im vergangenen Jahr hatte die Show eines kuwaitischen Komikers den Vorwurf des Antisemitismus auf sich gezogen, weil darin der israelische Premierminister Ariel Sharon als blutrünstiger Verbrecher dargestellt wurde. In diesem Jahr beschuldigen Israel und die USA die ägyptische Serie „Reiter ohne Pferd“, Antisemitismus zu verbreiten. Die Serie in 41 Folgen, vom Format her ein wahrer „Historienschinken“, hat die angespannten Beziehungen zwischen Washington und Kairo einer neuen Belastungsprobe ausgesetzt.

Die vom ägyptischen Fernsehsender Dream-TV produzierte Serie wird während des Ramadan täglich von zahlreichen arabischen Fernsehsendern ausgestrahlt. Sie handelt vom Kampf eines Ägypters gegen die britischen Kolonialisten zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Doch als der Held eines Tages ein Buch in Russisch findet, erkennt er, dass er sich dem Kampf gegen den Zionismus widmen muss. Bei dem Buch handelt es sich um die „Protokolle der Weisen von Zion“, einem angeblichen jüdischen Plan zur Eroberung der Welt. Das Werk ist eine glatte Fälschung des zaristischen Geheimdienstes, das den Antisemitismus in Russland anheizen sollte und auch in Deutschland lange als angebliches Beweisstück für eine jüdische Weltverschwörung angesehen wurde.

Die jüdische Anti-Diffamierungsliga mit Sitz in den USA bezeichnete die Serie vor Sendebeginn in einem Brief an US-Außenminister Colin Powell als „jüngsten Ausdruck antisemitischer Aufstachelung in den ägyptischen Medien“. Das israelische Außenministerium protestierte vor Beginn der Ausstrahlung. Ein Sprecher des US-Außenministeriums warnte daraufhin die ägyptische Regierung, „Spannungen“ anzuheizen. Die „New York Times“ sah in der Serie den Beweis, dass die „Protokolle der Weisen von Zion“ „verstärkt Anklang in der arabischen Welt finden“.

Amerikanische Diplomaten in Kairo, die die Serie daraufhin verfolgten, fanden die ersten Teile nach Angaben der Nachrichtenagentur AFP einfach nur „langweilig“. Als dann jedoch Szenen aus den gefälschten „Protokollen“ nachgespielt wurden, schaltete sich das amerikanische Außenministerium erneut ein. Die Ausstrahlung der Serie „schade dem Ruf Ägyptens sehr“, erklärte die Sprecherin des Außenministeriums, Nancy Becker. Die Serie fügt sich in ein Meinungsbild der gesamten arabischen Welt ein, das vielfach von antisemitischen Tönen geprägt ist.

Der Direktor des ägyptischen Fernsehens, Hassan Hamed verbat sich die Einmischung und erklärte, man nehme „von niemandem Befehle an“. Die regierungsnahe Tageszeitung „Al-Ahram“ riet Israel, die Rechte der Palästinenser etwas mehr zu achten, wenn das Land seinen Ruf in der arabischen Welt verbessern wolle. Der Hauptdarsteller Mohamed Sohbi erklärte, die „Protokolle“ seien wahrscheinlich gefälscht, aber deren Authentizität sei nicht das Thema der Produktion..

Doch auch in Ägypten mehren sich die kritischen Stimmen. Die Ägyptische Menschenrechtsorganisation (EHRO) forderte die arabischen Fernsehsender auf zu erklären, dass die „Protokolle der Weisen von Zion“ nichts als Fälschungen seien. „Große historische Lügen“ müssten vermieden werden.

Der Herausgeber der Wochenzeitung „Al-Qahira“, Salah Eissa, bezeichnete es als „dummen Fehler“, auf die „Protokolle“ zurückzugreifen. Die Serie „Pferd ohne Reiter“ diene dazu, den Ärger der arabischen Welt über die israelische Politik abzuleiten. „Muslime sehen die Serie nach dem Fastenbrechen und denken, dass sie damit den Zionismus bekämpfen“, kritisierte er. Der ägyptischen Regierung warf er vor, dass sie die Debatte dazu nutze, ihr Ansehen bei den Bürgern zu verbessern, indem sie dem israelisch-amerikanischem Druck, die Serie abzusetzen, widersteht.

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