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Talkshowmaster Günther Jauch.

© dpa

TV-Talk Günther Jauch zur Rente: Glücklich, wer ewig arbeiten darf

Arbeitsministerin Andrea Nahles plant die Rente mit 63. Die Gäste von Günther Jauch - darunter Nahles' Vorgänger Norbert Blüm - sind dagegen. Ein sozialpolitisches Wunschkonzert am Sonntagabend.

Von Barbara Nolte

Die Jungen sind auch nicht mehr das, was sie einmal waren. Jasmin Buck zum Beispiel, die gestern Abend im Rund von Günther Jauch saß: 27 Jahre, Journalistin bei der „Rheinischen Post“. „Was unsere Generation umtreibt“, sagt sie dort, sei die Frage, „reicht die Rente später zum Leben?“ 

Eine Junge, die sich um ihre Rente sorgt. Ein Alter, Norbert Blüm, 78 Jahre, der seinen Ruhestand ganz offensichtlich ignoriert. Die übrigen Gäste sind mittleren Alters, überwiegend der werberelevanten Zielgruppe entwachsen, die noch vor nicht allzu langer Zeit im Fernsehen als das Maß aller Dinge galt und alle über 49-jährigen ausschloss.

Altersgrenzen haben sich nach hinten verschoben, während Andrea Nahles sich mit ihrem Rentenpaket wieder nach vorne verschieben will: Ihrem Gesetzentwurf zufolge, den sie in der vergangene Woche  im Bundestag vorstellte, sollen Arbeitnehmer künftig bereits mit 63 Jahren abschlagsfrei in Rente gehen, wenn sie 45 Jahre lang Rentenbeiträge eingezahlt haben.

Nahles‘ Rentenpaket sei ein pures „Wahlgeschenk an die Gewerkschaften“, sagt die Journalistin Margaret Heckel. Nutznießer seien „männliche, weiße Facharbeiter“,  weil niemand sonst die 45 Beitragsjahre zusammenbekomme. „Wir müssen uns darauf einrichten, dass wir in Zukunft länger arbeiten werden“, sagt sie. Im Sinne des Untertitels ihres Buches („Warum es nie spannender war, älter zu werden“)  findet sie das auch gut: Die Alten seien nicht weniger belastbar als die Jungen. „Sie müssen sich nur wohlfühlen, gerne zur Arbeit gehen.“

Zu viel des Lobes auf die Alten

Niemand, der in der Talksendung zu Wort kommt, will den Alten die Leistungsfähigkeit absprechen. Und die Fallbeispiele, die die Redaktion zusammengestellt hat, zeigen nur gut qualifizierte, mustergültig motivierte Arbeitnehmer. Die Älteren hätten einen unverzichtbaren Erfahrungsschatz, sagt ein Unternehmer in einem Einspielfilm. Eine Firma verliere unermesslich viel Know-how, wenn ein Arbeitnehmer in Rente gehe, meint ein anderer.

Das konzertierte Lob auf die Alten, das auch Jauchs Gäste anstimmen, klingt  wohlfeil, zu pauschal. Doch wenn man sich erinnert, dass noch vor wenigen Jahren bereits über 40-Jährige für den Arbeitsmarkt als nicht mehr tauglich galten, ist die Debatte erfreulich. Der Jugendkult hat sich offenbar abgeschwächt. Norbert Blüm erklärt, warum er in den 90ern den Vorruhestand mit 58 gut fand und heute die Rente mit 63 schlecht:  „Wir hatten damals die reale Wahl: Entweder schickst du die mit 60 in Rente oder die mit 20 in die Arbeitslosigkeit.“

Jeder geht nach seinem Geschmack in Rente

Heute will Blüm, dass jeder in Rente gehen soll, wann er möchte – auch später als mit 65. Herbert Walter, der früher einmal Vorstandschef der Dresdner Bank war, will, dass Arbeitnehmer mit 65 einen „Cut“ machen, wie er es ausdrückt, und anschließend in einer anderen Firma wieder anfangen – für weniger Geld.

Margaret Heckel will gemischte Teams aus Jungen und Senioren, bei denen die niedrigen Gehälter der Jungen die hohen der Alten ausgleichen. Ralf Stegner, SPD-Vize, will, dass die Unternehmen es bezahlen, wenn sie einen Arbeitnehmer über 65 hinaus beschäftigten. Und Jasmin Buck will lieber weniger Wochenarbeitsstunden und dafür eine längere Lebensarbeitszeit. Spätestens da gerät die Talkshow zum Wunschkonzert. 

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