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Das klassische Radio verliert in der Gunst der Hörer. Das Bild stammt übrigens aus der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Köpfe" aus dem Tagesspiegel-Verlag und wurde in der Berliner Pension "Nürnberger Eck" aufgenommen.

© Georg Moritz

Über eine Million Hörer weniger: Radio-Blues bei ARD-Wellen

Das öffentlich-rechtliche Radio steckt in der Krise: eine Million Hörer haben in den letzten sechs Monaten abgeschaltet. Nun beginnt die Ursachenforschung.

Grund zum Jubeln hatten am Mittwochmorgen die wenigsten Berliner Radiostationen. Zu ihnen gehörte das Spreeradio, das sich wegen des ersten Auftritts vom Ex-Regierenden Klaus Wowereit als Radiokommentator gesteigerter Aufmerksamkeit erfreuen durfte. Doch die Freude über seinen ersten Auftritt um 6 Uhr 40 währte wohl nur bis neun Uhr morgens, also bis zur Veröffentlichung der ersten Radio Media-Analyse des neuen Jahres. 7000 Hörer hat demnach das Spreeradio seit der letzten Befragung vor einem halben Jahr verloren. Zugleich rutschte der Sender damit im Beliebtheitsranking vom sechsten auf den neunten Rang.

Die Mediengattung Radio verliert deutlich

Die Zahlen der Radio MA, wie die Media Analyse kurz genannt wird, werden von den Radiomachern mit großer Spannung erwartet. Die Ergebnisse entscheiden darüber, wie die Werbepreise festgelegt werden. Die Arbeitsgemeinschaft Media-Analyse (agma) befragt dafür bundesweit 70 000 Menschen nach ihren Lieblingssendern. Daraus wiederum ergeben sich die Hörer in der Durchschnittsstunde. Insgesamt muss nach der neuesten Umfrage konstatiert werden: Die Mediengattung Radio hat im vergangenen halben Jahr deutlich verloren. Allein die öffentlich-rechtlichen Sender büßten in dieser Zeit über eine Million Hörer ein. Die privaten Stationen verbuchten ein Minus von 250 000 Hörern.

Bei den Radiomachern geht inzwischen die Sorge um, dass diese Hörer dauerhaft weniger Radio hören könnten. Zunächst müssen die Sender die Zahlen zwar noch im Detail auswerten, danach geht es an die Ursachenforschung. An möglichen Gründen, die zu den Veränderungen des Radiomarktes geführt haben könnten, gibt es keinen Mangel, schließlich sind die Musik-Streamingdienste auch in Deutschland auf dem Vormarsch. Mit einem Abo bei Spotify, Deezer oder Napster muss man keine Radio-Werbeinseln zu jeder halben und vollen Stunde mehr hören. Und aktuelle Informationen sowie Verkehrsnachrichten lassen sich genauso gut über das Smartphone beziehen – allerdings nicht überall und zu jeder Zeit, denn gerade beim Autofahren verbietet sich der Blick aufs Mobiltelefon.

Nur wenige Gewinner in Berlin

Die Gewinner der Radio MA 2015/I lassen sich an einer Hand abzählen. Die RBB-Welle Radio Eins hat es immerhin geschafft, den Abwärtstrend der letzten Media-Analyse zu stoppen und die Hörerzahlen zu stabilisieren. Nach einem dicken Minus von 28 000 Hörern beim letzten Mal steht nun ein leichtes Plus von 1000 Hörern auf dem Konto von Radio Eins. Das Klassik Radio, auch einer der Verlierer der letzten Befragungen, konnte sich dieses Mal kräftig erholen. Um 11 000 Hörer legte der Sender zu, damit hat sich die Reichweite gegenüber der letzten Media-Analyse um über ein Drittel verbessert. Noch größer fiel das Plus bei Radio Teddy aus. Dessen Hörerzahl stieg sogar um 50 Prozent auf 42 000. Radio B2 legte erneut zu, dieses Mal um 7000 Hörer. Geschäftsführer Oliver Dunk freut sich darüber, dass gerade die journalistischen Inhalte wie unter anderem das politische Zeitfunkmagazin deutlich zugelegt hätten. 104,6 RTL baute seine gute Stellung durch ein Plus von 6000 Hörern noch einmal aus. Mit einem Plus von 2000 Hörer geht auch StarFM aus der Befragung. Damit konnte die Welle immerhin einen kleinen Teil der 22 000 Hörer, die beim letzten Mal weniger gezählt wurden, zurückholen.

Die wenigen Gewinner können jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Geschäft für die Radiomacher schwerer geworden ist. Die Top 3 in der Region Berlin-Brandenburg – Antenne Brandenburg, 104,6 RTL und BB Radio – konnten ihre Position halten, doch wirklich zufriedenstellend ist die Entwicklung nur für RTL. „Die geringere Radionutzung insgesamt bekommen auch unsere Programme zu spüren“, konstatiert RBB-Programmdirektorin Claudia Nothelle: „Für alle Programme gilt: Der Konkurrenzdruck in unserer Region ist unvermindert hoch, dem müssen wir uns stellen.“

Deutschlandradio Kultur im Plus

Neben den ganz oder teilweise werbefinanzierten Sendern gibt es noch einige Wellen, die ohne Werbung auskommen. Das werbefreie Kulturradio des RBB verliert in der Tagesreichweite 4000 Hörer und kommt nun auf 108 000 Hörer. Einen herben Verlust muss der Deutschlandfunk in der Hauptstadtregion verkraften, hier gingen die Hörerzahlen um 21 000 auf 130 000 zurück. Mit insgesamt 1,65 Millionen Hörern bleibt der Sender wegen seiner bundesweiten Verbreitung jedoch das mit Abstand reichweitenstärkste Informationsprogramm der Republik. Das Deutschlandradio Kultur kommt bundesweit auf 460 00 Hörer (ein Plus von 20 000), in der Region stieg die Hörerschaft um 16 000 auf 90 000.

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