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Zeitungsverlage: Warum es an der Spree schön ist

Die Aktionäre der Mecom haben dem Verkauf der BV Deutsche Zeitungsholding an die Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg für 152 Millionen Euro zugestimmt. Am Dienstag stellte sich Alfred Neven DuMont in Berlin vor.

Heimlich wollte Alfred Neven DuMont kürzlich schon den Berliner Verlag besuchen, so sehr war er auf seine neuen Mitarbeiter gespannt. Doch seine Juristen rieten ihm ab, der (damalige) Eigentümer David Montgomery mit seiner britischen Mediengruppe Mecom könnte eine solche Stippvisite als Affront empfinden. Am Dienstag war es so weit. Nachdem die Aktionäre der Mecom am Montag dem Verkauf der BV Deutsche Zeitungsholding (unter anderem „Berliner Zeitung“, „tip“, „Hamburger Morgenpost“) an die Kölner Verlagsgruppe M. DuMont Schauberg („Kölner Stadt-Anzeiger“, „Frankfurter Rundschau“) für 152 Millionen Euro zugestimmt hatten, war Alfred Neven DuMont noch am Abend mit seiner Entourage nach Berlin gereist. Um zehn Uhr am Dienstagmorgen stellte er sich offiziell bei einer Betriebsversammlung als neuer Besitzer vor – und verkündete überraschend, nicht allein zu sein. Mit ins Boot der in Presse- und Medienhaus Berlin (PMB) umgetauften Holding hat er Helmut Heinen geholt, der Herausgeber der ebenfalls bei M. DuMont Schauberg (MDS) erscheinenden „Kölnischen Rundschau“ und Präsident des Bundesverbandes Deutscher Zeitungsverleger ist. Wenn das Bundeskartellamt zustimmt, ist Heinen mit seinem Verlag künftig mit 35 Prozent an den von Mecom übernommenen Titeln beteiligt. Für MDS bedeutet das finanzielle Entlastung, für den Berliner Verlag, der unter Montgomerys hohen Renditeerwartungen zu leiden hatte, größere Sicherheit.

Wer neuer Chefredakteur der „Berliner Zeitung“ wird, wollte Alfred Neven DuMont noch nicht verraten. Bisher steht lediglich fest, dass Brigitte Fehrle, zuletzt Leiterin des „Zeit“-Hauptstadtbüros und bereits früher bei der „Berliner Zeitung“, wieder stellvertretende Chefredakteurin und die Redaktion an der Karl-Liebknecht-Straße kommissarisch leiten wird. Es gilt als wahrscheinlich, dass Uwe Vorkötter, zurzeit noch Chefredakteur bei der „Frankfurter Rundschau“ und bis zur Übernahme durch Mecom in gleicher Funktion bei der „Berliner Zeitung“, neuer (alter) Chefredakteur wird. Vermutlich wollte Alfred Neven DuMont die Mitarbeiter nicht gleich vor vollendete Tatsachen stellen. „Ein Teil der guten alten Zeit wird wiederkommen“, versprach Neven DuMont lediglich. Er präsentierte sich gut gelaunt, seine Ansprache hatte fast etwas von einer Büttenrede – dankbar nahmen die Berliner die Kölner Charmeoffensive auf. Lange hatten sie sich an dem als „autistisch“ bezeichneten Führungsstil von Montgomerys Statthalter in Deutschland, Josef Depenbrock, gerieben. Depenbrock hatte sich bereits am Montag mit einer „Goodbye“-Mail als Geschäftsführer der Holding und Chefredakteur der „Berliner Zeitung“ verabschiedet. Dass nach der „Heuschrecke“ Montgomery nun eine Verlegerfamilie mit 400-jähriger Tradition die Führung übernimmt, nehmen viele Mitarbeiter als Hoffnung dafür, dass mehr die publizistische Qualität und weniger die Rendite im Vordergrund stehen wird.

Alfred Neven DuMont nährte diese Hoffnung. Er habe den Verlag nicht in erster Linie deshalb übernommen, um Geld zu verdienen – doch dass sich der Verlag gerade in Zeiten der Wirtschaftskrise, die sich bei vielen Zeitungen in Form von Anzeigenrückgängen bemerkbar macht, auf Reformen einstellen muss, verkündete dann Neven DuMonts Neffe, Christian Neven DuMont-Schütte, der künftig dem Verwaltungsrat des PMB angehört. Reformen und Strukturanpassungen müssten mithilfe der Mitarbeiter „schnell und nicht zögerlich“ umgesetzt werden. Was das genau bedeutet, ließ er noch offen.

Zwar betonte Alfred Neven DuMont am Dienstag erneut, dass „Berliner Zeitung“ und „Frankfurter Rundschau“ ihre Souveränität und Unabhängigkeit behalten sollen, doch müsse beispielsweise über einen gemeinsamen Reporterpool beider Blätter sowie den gegenseitigen Austausch von Nachrichten und Hintergrundstücken nachgedacht werden. Konstantin Neven DuMont, Sohn von Alfred Neven DuMont und künftig Vorsitzender des publizistischen Beirats des PMB, appellierte an die Mitarbeiter, ihre Funktion als „Wachhund“ der Demokratie noch stärker wahrzunehmen. Er versprach, dass bald in das neue Redaktionssystem investiert würde.

Endgültig abgeschlossen ist die Übernahme des Verlags von Mecom allerdings erst am Freitag. Spätestens dann dürfte auch feststehen, ob Uwe Vorkötter als Chefredakteur nach Berlin zurückkehren wird.

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