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Erst der Krieg hat die Ukraine ins Bewusstsein vieler Menschen gebracht.

© REUTERS

MediaLAB: Wie die Welt verblasst

Stephan Russ-Mohl beklagt den Niedergang der Auslandsberichterstattung - und er nennt Gründe

Was für ein Zufall: Die neue Studie der Otto Brenner-Stiftung zum Niedergang der Auslandsberichterstattung erschien just an dem Tag, an dem Putin seine Truppen in der Ukraine einmarschieren ließ. Damit verdrängte wohl erstmals seit dem Beginn der Corona-Pandemie vor zwei Jahren ein Auslandsthema die täglichen Inzidenz-Meldungen aus den Nachrichtensendungen und von den Titelseiten.

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Verfasser der Studie ist Marc Engelhardt, ein langjähriger Auslandskorrespondent, der zunächst in Afrika und dann in Genf für deutsche Medien gearbeitet hat. Mit quantitativen Analysen und Interviews unter Kolleginnen und Kollegen macht er darauf aufmerksam, wie wenig wir aus dem Ausland erfahren und wie einseitig wir oftmals „informiert“ werden.

Für das „Verblassen unseres Blicks auf die Welt“ nennt er fünf entscheidende Gründe: Erstens verschwinden Korrespondenten, selbst in unseren Nachbarländern werden sie weggespart. Zweitens werden Auslandsseiten und -sendeplätze ausgedünnt. Drittens schrumpfen die Budgets der Redaktionen und damit auch die Honorare für freie Journalisten. Viertens konstatiert Engelhardt weitere „wachsende Barrieren für die Auslandsberichterstattung“, insbesondere Druck und Versuche der Einflussnahme auf die Berichterstattung. Fünftens nennt er die Zunahme von Propaganda. Insbesondere letztere führe immer häufiger zu einem verzerrten Bild der Welt in den deutschen Medien – die Russland- und Ukraine-Berichterstattung sind dafür aktuell besonders gute Belege.

Trend in der Pandemie verschärft

Engelhardt dokumentiert auch, dass sich der besorgniserregende Trend in der Covid-Pandemie noch verschärft hat. Das gilt übrigens auch für die Pandemie-Berichterstattung selbst: Mangels eigener Wissenschaftskorrespondenten in Schweden haben viele deutsche Medien über die – liberalere – Pandemie-Bekämpfung dort allen möglichen Unfug verzapft, meist wohl aus dritter Hand.

Stephan Russ-Mohl

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