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Björn Höcke düpierte beim Sommerinterview einen MDR-Moderator. 

© Gestaltung: Tagesspiegel/Fotos: Getty Images/iStockphoto; imaginima; Imago

Mit Rechten reden?: Wenn sich der Faschist freut, war das Interview mies

Björn Höcke düpierte beim Sommerinterview einen MDR-Moderator. Es wird nicht lange dauern, bis dem Extremisten die nächste Bühne gegeben wird.

Eine Kolumne von Sebastian Leber

Hoppla, schon wieder schief gelaufen. Dabei hatte sich der MDR-Moderator doch extra vorbereitet. Diesmal sollte es endlich klappen mit der Entzauberung eines Faschisten im Fernsehinterview. Wer konnte schon ahnen, dass der Gastgeber erneut überfordert sein und Björn Höcke den selbstlosen Demokraten mimen würde?

So ziemlich jeder konnte es ahnen. Denn in Deutschland gibt es eine traurige Tradition gescheiterter Versuche, Rechtsextremen argumentativ beikommen zu wollen. Diejenigen, die es versuchen, behaupten gern und ohne jeden empirischen Beleg, es bringe doch nichts, die Rechten einfach auszugrenzen. Man müsse sie entlarven oder noch besser: sie dazu bringen, sich selbst zu entlarven. Und dann geht es schief.

Vor 30 Jahren ist das schon Thomas Gottschalk passiert, als er den Republikaner-Chef Franz Schönhuber in seine Show einlud. Drei Tage nach dem rassistischen Mordanschlag von Mölln. Schönhuber sei immerhin Vorsitzender einer demokratischen Partei. Dann packte der Gast seine rechtsradikalen Phrasen aus, Gottschalk wusste nichts zu entgegnen, hatte sich schließlich ein menschelndes Gespräch erhofft. Ohnmächtig stammelte er: „Wir wollen doch hier nicht politisch diskutieren.“

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2000 ist es dem journalistischen Schwergewicht Erich Böhme passiert. Der wollte unbedingt im Fernsehen mit Österreichs Rechtsaußen Jörg Haider debattieren. Großspurig hatte er angekündigt, Haiders „Mythos zu entzaubern“. Böhme verzettelte sich ständig, wirkte unheholfen, sobald sein Gegenüber ihm widersprach. Haider triumphierte.

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Besonders schlimm sind Livesendungen. Weil dort die Interviewten dreisteste Lügen erzählen und sich Statistiken ausdenken können, ohne dass sie jemand entkräften kann. Weil es halt keinen Faktencheck in Echtzeit gibt.

In einem Interview behauptete ein Nazi ernsthaft, das „Hknkrz“ auf seinem T-Shirt sei bloß der Name eines noch unbekannten Nachwuchs-Rappers. Die Band Störkraft bestand in einer Talkshow darauf, ihr Geburtstagsgruß zum 20. April gelte nicht Adolf Hitler, sondern einem früheren Bandmitglied. Da blieb dem Moderator nur, das Thema zu wechseln. Auch er eigentlich ein versierter Interviewer.

Das Scheitern solcher Versuche ist vorhersehbar. Albert Einstein sagte: „Die Definition von Wahnsinn ist, immer wieder das Gleiche zu tun und andere Ergebnisse zu erwarten.“

In Interviews inszenieren sich Rechtsradikale gern als Underdog oder drangsaltiertes Mobbing-Opfer, das doch bloß einmal ausreden möchte. Befragt man sie kritisch, scheint dies ihr Narrativ zu bestätigen. Tut man es nicht, verbreiten die Faschisten ungestört Faschistendinge.

Lars Sänger, der MDR-Moderator beim Sommerinterview mit Björn Höcke, schaffte es nicht mal, seinen Gast korrekterweise als rechtsextrem vorzustellen, nannte die AfD stattdessen eine „autoritär-national-radikale Partei“. Höcke wich unbequemen Fragen einfach aus. Der Moderator dankte es mit Komplimenten und Harmlosigkeit, fand Höckes Antworten oft „spannend“ oder signalisierte Zustimmung. Eine Vollkatastrophe mit Ansage.

Ist es Naivität, Eitelkeit oder Selbstüberschätzung, die Männer immer wieder zur Annahme verleitet, sie könnten es besser als Böhme, Gottschalk und all die anderen, die Rechtsradikale entlarven wollten und ihnen am Ende doch bloß eine Bühne gaben?

Man müsse sich doch irgendwie mit den Rechtsextremen auseinandersetzen, heißt es. Na klar. Man muss über sie berichten, ihre Absichten benennen, ihre Lügen widerlegen. Auf Augenhöhe mit ihnen sprechen, sie als Gesprächspartner normalisieren, das muss man nicht.

Der MDR-Moderator mag beste Absichten gehabt haben. Doch wenn der Faschist sich am Ende freut, war es offensichtlich ein schlechtes Interview.

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