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Panorama: Der Schrei der weißen Frau

Ein amerikanisches Symbol: In der Hand des Riesenaffen wurde Fay Wray weltberühmt. Zum Tode von King Kongs Menschenbraut

Es ist nicht ohne Ironie, wenn ausgerechnet ein Stummfilmstar mit einem Schrei berühmt wird. Seit Fay Wray in die Hand eines überdimensionalen Menschenaffen geriet, trug sie den unfreiwilligen Künstlernamen „Screamin’“. Zum Schreien hatte die junge Frau auch allen Grund.

Amerikanische Wissenschaftler hatten den stattlichen Primaten aus einem vergessenen Naturparadies entführt und als Attraktion in die Großstadt gebracht. Der frustrierte Riesenaffe verspürte allerdings wenig Lust, vom stolzen König des Dschungels zur Jahrmarkttrophäe degradiert zu werden. Vielleicht gefiel ihm der New Yorker Trubel auch einfach nicht.

In dem Film „King Kong und die weiße Frau“ verliebt sich der Riesenaffe in die artfremde Ann Darrow. In der haarigen Faust des Monsters, das im Finale mit seiner Beute das Empire State Building erklettert, musste sie vor allem eines tun: um ihr Leben schreien. Diese Rolle machte Fay Wray schlagartig weltberühmt.

Vina Fay Wray wurde am 15. September 1907 in Kanada geboren. Bereits als Schulmädchen in Los Angeles erhielt sie ihre ersten Filmrollen als Nebendarstellerin. Bekannt wurde sie in Erich von Strohheims Film „The Wedding March“, einem Melodram nach Wiener Art. Schon in diesem K.-u.-k.-Film musste die 19-Jährige ein Opfer spielen: Als engelsgleiche Harfenspielerin Mitzi Schrammel erliegt Fay Wray darin dem skrupellosen Herzensbrecher Fürst Nicki von Wildeliebe-Rauffenburg.

Bis 1933 arbeitete Wray unter Regisseuren wie Frank Capra, Josef von Sternberg oder Michael Curtiz und spielte mit Hollywoodstars wie Spencer Tracy, Gary Cooper und dem damals noch unbekannten Cary Grant. Einem ihrer Regisseure zufolge hatte der blond gelockte Star die Ausstrahlung einer „unnahbaren Erotik, die zugleich männliche Beschützerinstinkte weckte“. Die Rolle der Ann Darrow bot man ihr im Jahr 1933 an. Als man sie fragte, ob sie an der Seite des „größten und dunkelsten Hollywoodstars“ spielen wolle, sagte sie sofort zu. Später sagte Wray, sie habe geglaubt, es würde sich um Clark Gable handeln – tatsächlich war King Kong gemeint.

Zu dieser Zeit trat Fay Wray am Broadway auf und wirkte allein im Jahr 1933 in elf Kinofilmen mit. Obwohl sie in mehr als 70 Filmen – darunter nur fünf Horror- und Fantasyfilme – spielte, ging Wray als „Scream Queen“ in die Filmgeschichte ein. „Whatever happened to Fay Wray“, lautet eine Frage im Musical „Rocky Horror Picture Show“. „King Kong“ markiert gleichzeitig den Höhepunkt und Karriereknick im Schaffen der Schauspielerin. In den fünfziger Jahren konnte sie mit kleineren Rollen in Filmen wie „Im Reich des goldenen Condor“ und Fernsehserien wie „Perry Mason“ nicht mehr an den Erfolg der frühen Jahre anknüpfen. Das Angebot einer Nebenrolle in einem King-Kong-Remake der siebziger Jahre schlug sie aus.

„Heute erfüllt mich die Rolle mit Stolz“, schrieb Wray 1989 in ihrer Autobiografie „On the other Hand“. Nach langem Hadern habe sie habe sich mit ihrer filmhistorischen Bedeutung arrangiert. Zum 60. Jubiläum des Empire State Building war Fay Wray 1991 als Ehrengast geladen – ebenso bei der Oscar-Verleihung 1998.

Fay Wray ist am Sonntag im Alter von 96 Jahren in ihrer New Yorker Wohnung gestorben. Ihrem Freund, dem Regisseur Rick McKay, zufolge ist die Mutter dreier Kinder friedlich eingeschlafen.

Der moderne Mythos vom Symbole einreissenden Monster, spätestens seit dem 11. September als amerikanische Urangst wieder präsent, lebt weiter. Derzeit dreht der Regisseur Peter Jackson („Der Herr der Ringe“) ein „King Kong“-Remake, das 2005 in die Kinos kommen soll. Darin wird Naomi Watts in der weiblichen Hauptrolle die „Scream Queen“ beerben.

Als „weiße Frau“ wurde sie 1933 auf der ganzen Welt bekannt. Niemand konnte die Augen weiter aufreißen und entsetzter schauen als die schöne Blondine.

Das Bild zeigt Fay Wray 1957, als sie gemeinsam mir Alfred Hitchcock in einer amerikanischen TV-Serie auftrat.

Noch am 15. Mai diesen Jahres besichtigte die Schauspielerin das Empire State Building in New York – ein Schauplatz aus „King Kong“.

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