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Polen

© Ulrike Thiele

Grenzregion: Pawel (24): "Deutsche können auch in Polen arbeiten"

"Die Deutschen müssen erkennen, dass es durch die Grenzöffnung zu Polen auch Chancen für sie gibt", sagt Pawel Piasecki. Der 24-Jährige Stettiner und seine Freundin wollen sich in Deutschland niederlassen - direkt in der Nähe der Grenze. Das hat für sie viele Vorteile, sagen sie. Aber sie sehen sich auch auf einer Art Mission.

Das Schloss steht irgendwo am Rande der brandenburgischen Uckermark. In einem kleinen Dorf namens Wartin. Es ist gelb gestrichen, hinten schließt sich ein Garten mit Sonnenblumen an, der von alten Stallgebäuden aus Fachwerk und Backstein gesäumt wird. Innen trägt es Spuren von Renovierungsarbeiten, die wohl nie ganz abgeschlossen sein werden. Nur einen Katzensprung ist es von hier nach Mecklenburg-Vorpommern im Norden und Polen im Osten.

Aleksandra Przeradzka und Pawel Piasecki arbeiten seit einigen Monaten im Schloss Wartin - Europäische Akademie Wartin heißt es offiziell. Aus der polnischen Großstadt Szczecin (Stettin) sind die beiden Politikwissenschafts-Studenten hierher in die Gegend gezogen für ein Praktikum. Jetzt wollen sie ganz hier bleiben, ein Haus kaufen, einen Job finden oder sich selbstständig machen - und irgendwann eine Familie gründen. Wie Aleksandra und Pawel machen es immer mehr Stettiner. Angelockt werden sie vor allem durch die niedrigen Immobilienpreise in der Gegend.

"Für das Geld, das wir in Stettin für eine Wohnung ausgeben würden, können wir uns hier in der Uckermark ein kleines Haus kaufen", schwärmt Pawel. Und im Gegensatz zur Großstadt gibt es hier einen Garten, gute Luft und viel Ruhe, fügt er hinzu. "Wichtig ist aber auch die Nähe zur Autobahn", sagt Aleksandra. In einer halben Stunde sind sie so wieder in Szczecin, bei Freunden und Eltern. Im Dorf fühlen sie sich schon richtig zu Hause. "Die Menschen hier sind sehr nett zu uns. Man grüßt uns auf der Straße", erzählt sie.

"Man müsste mehr Marketing für Polen betreiben"

Die Grenze ist seit dem Beitritt Polens zum Schengen-Raum Anfang 2008 offen, sie zu überqueren ist längst kein Problem mehr. Was für die 25-jährige Aleksandra und ihren 24 Jahre alten Freund Pawel ganz normal ist, ist vor allem aber für die Deutschen in der Grenzregion noch völlig ungewohnt. Fuhren sie doch früher nur zum billig Tanken oder Zigaretten kaufen nach Polen. Dass es da drüben auch andere Dinge gibt, die es sich anzuschauen lohnt, wissen viele immer noch nicht.

Pawel und Aleksandra haben deshalb große Pläne. Sie wollen Deutsche und Polen hier in der Grenzregion näher zusammenbringen - am liebsten hauptberuflich. "Wir lernen hier im Praktikum, wie man deutsch-polnische Projekte organisiert und dafür EU-Förderungen bekommt. Das würden wir gern weiterführen", erzählt Aleksandra. Mehr Marketing müsse man betreiben, um Polen und vor allem Szczecin für die Deutschen attraktiv zu machen, findet Pawel. "Bei uns gibt es auch eine Ostsee, man kann dort Wellnessurlaub machen oder eine Kur", stimmt ihm seine Freundin zu.

Vor allem aber sieht Pawel in der Nähe zu Polen und zu Szczecin eine Chance für die Menschen in der Uckermark und im Uecker-Randow-Kreis - Regionen mit hoher Arbeitslosigkeit und Abwanderung. "Es gibt Arbeitsplätze in Stettin, vor allem auf dem Bau und im Handwerk. Dafür muss man nicht perfekt Polnisch sprechen." Deutsche als Gastarbeiter in Polen - für Pawel und Aleksandra eine natürliche Konsequenz der wirtschaftlichen Entwicklung im Grenzgebiet. Für viele Deutsche aber noch immer kaum vorstellbar.

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