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Therapien für Opfer von Kindesmissbrauch sind weitaus teurer als Prävention für Pädophile.

© Jörg Carstensen/dpa

Präventionsprogramm an der Charité: Behandlung von Pädophilen erspart der Gesellschaft Kosten

Das Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“ an der Berliner Charité bietet Hilfe für Menschen mit pädophilen Neigungen - und hat Erfolg dabei.

Klaus Beier kennt die schrecklichen Bilder von den missbrauchten Kindern, er muss sie sich anschauen, er ist Leiter des Instituts für Sexualwissenschaft an der Charité. Und Beier seufzt: „Unsere Hilfe ist nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Aber es ist Hilfe, das ist entscheidend.

Beier leitet das Präventionsprojekt, das pädophile Menschen therapeutisch betreut, um Schlimmeres zu verhindern. Und der Erfolg ist da. 56 Teilnehmer einer Therapie wurden sechs Jahre nach Behandlungsende befragt. Resultat: Nur einer hatte in der Zwischenzeit sexuellen Kontakt mit einem Kind. Dieses Ergebnis stellte Beier am Mittwoch vor.

Beier schätzt, dass es in Deutschland rund 250.000 Menschen gibt, die eine „Präferenz für das kindliche Körperschema“ haben. Aber nicht jeder von ihnen tut einem Kind etwas an. Viele leiden unter ihrer Neigung und wollen Hilfe. Und diese Hilfe gibt ihnen das bundesweite Präventionsnetzwerk „Kein Täter werden“, zu dem auch Beiers Institut gehört.

Täter leiden doppelt so häufig an Depressionen und Angsterkrankungen wie der Bundesdurchschnitt. Neurologen haben auch festgestellt, dass bei ihnen die Gehirnregion, in der Verhaltenskontrolle und sexuelle Erregung gesteuert werden, unterdurchschnittlich groß ist.

9000 Betroffene sind seit 2005 mit dem Netzwerk erreicht worden. Es könnten mehr sein. Dazu aber, sagt Beier, müssten mehr Therapeuten auf dem Gebiet der Sexualkunde aus- und weitergebildet werden. Doch viele lehnten Pädophile emotional ab. Da komme der Satz: „Verlassen Sie sofort meine Praxis.“

Dabei besitzt die Prävention enorme wirtschaftliche Bedeutung. Die Behandlung eines Teilnehmers kostet im Jahr zwar rund 12.000 Euro. „Doch die Kosten für die Aufarbeitung der psychischen und physischen Schäden der Opfer liegen um ein Vielfaches höher“, sagt Beier. Auf die Frage, ob sich denn der Aufwand für die Therapien finanziell trage, hat er eine klare Antwort: „Ja, mit fünf Ausrufezeichen.“

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