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Ein entspannter Umgang zwischen Männern und Frauen ist auch für das Betriebsklima gut. Für viele Frauen hört der Spaß auf, wenn sie sich als "Süße" anreden lassen müssen.

© pa/dpa

Acht von zehn Frauen betroffen: Sexismus am Arbeitsplatz nervt Frankreichs Frauen

Frankreichs Macho-Kultur zeigt sich auch am Arbeitsplatz: Laut einer Umfrage unter leitenden Angestellten ist es für die Frauen keine Seltenheit, als "Süße" angesprochen zu werden.

„Cocotte“, „puce“, „petite“ – die französische Sprache kennt viele Formen, mit denen der Mann seine Liebste umschmeicheln kann. Werden derlei Koseworte aber am Arbeitsplatz verwendet, dann sind sie in vielen Fällen anders gemeint, nämlich als Herabsetzung der Kolleginnen. Der Hälfte der Frauen, die in Frankreich an der Arbeitsfront stehen, ist es schon einmal passiert, als „Süße“ angesprochen worden zu sein. Das ergab eine Umfrage des Meinungsforschungsinstituts LH2, deren Ergebnisse am Dienstag der Frauenrechtsministerin Najat Vallaud-Belkacem übergeben wurden.

15 651 Beschäftigte – Frauen und Männer – haben sich an der groß angelegten Online-Befragung beteiligt, die im Auftrag eines seit 1983 in Frankreich bestehenden Rates zur beruflichen Gleichstellung von Frauen und Männern erstellt wurde. Befragt wurden dabei vor allem leitende Angestellte großer Unternehmen wie des Luxusgüter-Konzerns LVMH, des Telekommunikationsanbieters Orange oder des Energieversorgers GDF Suez. Zwar gaben 13 Prozent der Männer und Frauen an, dass lose Sprüche am Arbeitsplatz zum Beziehungs-Spiel zwischen den Geschlechtern gehörten. Dagegen fand die Mehrheit der Frauen den mehr oder weniger offenen Sexismus am Arbeitsplatz überhaupt nicht lustig: 54 Prozent der weiblichen Befragten gab an, nicht zufällig bei der Karriere behindert worden zu sein. So erklärten 36 Prozent der Frauen, ihnen sei aus geschlechtsspezifischen Gründen eine Gehaltserhöhung vorenthalten worden. 35 Prozent der Frauen sahen sich bei Beförderungen benachteiligt.

Die Situation der Frauen in der französischen Arbeitswelt ist widersprüchlich. Zwar ist es für Frauen in Frankreich eher als in Deutschland selbstverständlich, arbeiten zu gehen, auch wenn sie Kinder haben. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird auch durch eine gute Infrastruktur bei der Kleinkinderbetreuung gewährleistet – etwa bei den Vorschulen, den „écoles maternelles“. Am Arbeitsplatz sehen sich Frauen dann allerdings häufig mit einer ausgesprochenen Macho-Kultur konfrontiert.

"Sexismus spielt sich im Verborgenen ab"

So gaben acht von zehn der weiblichen Angestellten in der Umfrage zu Protokoll, dass Frauen in der Arbeitswelt regelmäßig Haltungen oder Entscheidungen ihrer männlichen Kollegen ausgesetzt seien, die einen sexistischen Hintergrund hätten. Viele Frauen fühlten sich den Macho-Sprüchen ihrer männlichen Kollegen machtlos ausgeliefert, sagte Brigitte Grésy, Generalsekretärin des Gleichstellungsrates CSEP, dem Radiosender „France Inter“. „Sexismus spielt sich eher im Verborgenen ab als Rassismus und Homophobie.“ Die Männer zeigten sich in der Umfrage nicht ganz uneinsichtig: Während sich nur ein Viertel der Frauen dafür aussprachen, Manager auch im Kampf gegen den Sexismus auszubilden, waren es sogar ein Drittel der befragten Männer.

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