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Panorama: Stromchaos von olympischen Ausmaßen

In Athen brach vier Wochen vor Beginn der Spiele das Elektrizitätsnetz zusammen

Vier Wochen vor dem Beginn der Olympischen Spiele sind am Montag große Teile des griechischen Elektrizitätsnetzes für Stunden zusammengebrochen. In der Hauptstadt Athen herrschten chaotische Zustände. Auch am Montagabend waren einzelne Stadtteile noch ohne Strom. Die Olympia-Organisatoren versuchen zu beruhigen: Während der Spiele, die am 13. August beginnen, sei die Elektrizitätsversorgung gesichert, heißt es.

Um 12 Uhr 39 fiel zunächst in einigen Athener Stadtteilen der Strom aus. Binnen weniger Minuten brach in einer Kettenreaktion die Elektrizitätsversorgung in der gesamten südlichen Landeshälfte zusammen. Rund acht Millionen Menschen zwischen dem mittelgriechischen Larissa und Kalamata im Süden des Peloponnes, den Ionischen Inseln im Westen des Landes und den Kykladen in der Ägäis waren ohne Strom.

Über die Ursache gab es zunächst keine Klarheit. Sprecher machten widersprüchliche Angaben: Mal hieß es, der wegen des Betriebs vieler Klimageräte erhöhte Verbrauch sei der Grund für den Stromausfall – das sagten die Elektrizitätswerke –, dann wieder war von einem nicht näher erläuterten „menschlichen Fehler" in einem Kraftwerk bei Athen die Rede. Das war die Version der Regierung, die Ängste zerstreuen will. Die Versorgung konnte nur schrittweise wieder hergestellt werden.

In der griechischen Hauptstadt löste der Zusammenbruch des Elektrizitätsnetzes ein Chaos aus. Weil die Verkehrsampeln erloschen, bildeten sich binnen weniger Minuten endlose Staus. Bei der Athener Feuerwehr gingen über 700 Notrufe ein, weil zahllose Menschen in stecken gebliebenen Lifts eingeschlossen waren. Die Züge der Athener U-Bahn und die Stadtbahn standen still. Tausende Menschen saßen in den Waggons fest und mussten schließlich durch die dunklen U-Bahn-Tunnels und über die Gleise der Stadtbahn zur nächsten Station laufen. In höher gelegenen Athener Stadtteilen brach in Folge des Stromausfalls die Trinkwasserversorgung zusammen. Störungen gab es auch im Telefon-Festnetz sowie in den Mobilfunknetzen.

Besonders peinlich ist der Stromausfall für die Organisatoren der Olympischen Spiele, die ohnehin wegen schleppender und oftmals chaotisch wirkender Vorbereitungen seit Monaten in der Kritik stehen. Bereits im vergangenen Sommer war die Stromversorgung in Athen wegen Überlastung des Netzes für Stunden zusammengebrochen. Fachleute äußerten seither immer wieder die Befürchtung, der zusätzliche Elektrizitätsverbrauch während der Spiele übersteige die Kapazität des griechischen Netzes. Die Verantwortlichen versicherten, alle wichtigen Olympia-Einrichtungen seien mit Generatoren ausgerüstet und damit gegen einen Zusammenbruch des Elektrizitätsnetzes gewappnet. „Ein solcher Zwischenfall würde den Ablauf der Wettbewerbe und die Übertragung der Spiele nicht gefährden“, hieß es in einer schriftlichen Erklärung des Organisationskomitees Athen 2004.

Wie unangenehm das das Stromchaos ist, erfuhr auch Verkehrsminister Michalis Liapis. Er wurde von dem Stromausfall in einem U-Bahn-Zug überrascht. Er wollte gerade die neue Verbindung zum Athener Flughafen feierlich einweihen, als die Lichter verloschen und der Zug stehen blieb. Gemeinsam mit seiner Delegation und den ihn begleitenden Journalisten musste der Minister den Weg zur nächsten Station zu Fuß zurücklegen.

Ministerpräsident Karamanlis ließ sich ständig über die Lage unterrichten. Der Premier sei „äußerst verärgert“ über die Panne, hieß es. Die Verantwortlichen würden zur Rechenschaft gezogen, soll der Regierungschef angekündigt haben. Aber die Manager der staatlichen Elektrizitätswerke gingen zunächst einmal auf Tauchstation. Der zuständige Entwicklungsminister Sioufas machte in einer eilig anberaumten Pressekonferenz ebenfalls keine gute Figur. Während Millionen Griechen noch ohne Strom waren, brüstete sich der Minister bereits, „in Rekordzeit“ sei die Elektrizitätsversorgung wieder hergestellt worden. Während der Olympischen Spiele, so versicherte Sioufas, werde sich kein Stromausfall ereignen. Viele Athener nahmen den Ausnahmezustand schulterzuckend hin. „Das ist nicht der erste Stromausfall, den ich erlebe, und es wird nicht der letzte sein“, meinte Andreas Antonopoulos, der im Athener Stadtteil Pangrati einen Periptero, einen der typischen Kioske betreibt. „Viele Kunden haben sich schon sicherheitshalber mit Taschenlampen und Batterien eingedeckt“, berichtete der Händler. Eine Moderatorin des Rundfunksenders Skai nahm den Stromausfall mit Galgenhumor: „Gut, dass die olympische Flamme nach ihrer Reise um die Welt seit gestern wieder in Griechenland ist – notfalls haben wir wenigstens etwas Licht."

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