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Brandkatastrophe in Russland: Tödliche Dekoration

In der russischen Stadt Perm starben mehr als 100 Menschen bei einem Brand in einem Club – Ursache war Zimmerfeuerwerk.

Schnee fällt in dichten Flocken auf nackte Träger aus Eisenbeton und verkohlte Mauerreste, aus denen Rettungsmannschaften Tote und Verletzte bergen. Die Unglücksstelle ist weiträumig abgesperrt. Hinter den Posten der Sicherheitsorgane drängen sich hunderte Menschen, die um das Schicksal ihrer Angehörigen bangen. Es waren Bilder des Grauens, mit denen Westi 24 – die Nachrichtentochter des Staatsenders RTR – gestern früh die Nation weckte, die noch von dem Sprengstoffanschlag auf einen Schnellzug vor genau einer Woche schockiert ist.

Die neue Tragödie ereignete sich in Perm, der Hauptstadt der gleichnamigen Region im Ural etwa 1150 Kilometer östlich von Moskau mit rund einer Million Einwohnern. Dort war in der Nacht zu Samstag im Nachtclub „Lahmendes Pferd“, der sein achtjähriges Bestehen feierte, ein Brand ausgebrochen. Über die genaue Zahl der Todesopfer herrscht Unklarheit. Das Ministerium für Katastrophenschutz, dessen Rettungsmannschaften mit einem mobilen Lazarett vor Ort im Einsatz sind, geht von mindestens 109 Toten aus. Nach derzeitigem Stand wurden mindestens 134 weitere Menschen verletzt, 85 davon schwer. Die meisten Opfer gab es, als die Besucher des Nachtclubs in Panik zu den Ausgängen drängten. Der Club hatte nur zwei.

Unglücksursache ist offenbar unsachgemäßer Umgang mit sogenanntem „kaltem Feuerwerk“. Dabei handelt es sich um Funken sprühende Fontänen, die durch Flüssiggas erzeugt werden. Eine davon – so jedenfalls schilderte der Sicherheitsminister der Region Perm, Igor Orlow, der amtlichen Nachrichtenagentur Itar-Tass den Hergang des Unglücks – traf eine zur Dekoration eingezogene Zwischendecke. Diese war aus Plastik und fing schnell Feuer, das sich mit Windeseile ausbreitete: Die Wände des Saales waren mit Flechtwerk aus Ästen und Zweigen geschmückt. Und das Etablissement verfügte nicht einmal über die für den Einsatz von Feuerwerkskörpern zwingend vorgeschriebenen Belüftungsanlagen. Gegen die Betreiber wurde daher ein Verfahren wegen fahrlässiger Tötung in mehreren Fällen eingeleitet. Premier Wladimir Putin, der von einer der schwersten Brandkatastrophen in der jüngeren Geschichte Russlands sprach, ordnete noch in der Nacht zu Samstag die Bildung einer Sonderkommission an, die Ursachen und Hergang detailliert untersuchen soll. Ihr steht Alexander Bastrykin, der Chef der Ermittlungsbehörde bei der russischen Generalstaatsanwaltschaft, persönlich vor. Er traf gestern früh am Unglücksort ein.

Feuerwerkskörper haben in Russland schon viel Unheil angerichtet. Vor allem halb legale Importe aus China und Indien, die so billig sind, dass auch die Ärmsten der Armen sie kaufen können. Warnungen der Feuerwehr und der Verbraucherschutzbehörde, die für Aufklärung in den Medien jährlich Millionen ausgeben, verhallen immer wieder ungehört. Obwohl es allein zu Silvester Jahr um Jahr Todesopfer gibt. Anders als in Deutschland ist der Einsatz pyrotechnischer Erzeugnisse sehr unscharf geregelt. Es gibt kaum Restriktionen.

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