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„Eine unsichtbare Mehrheit“: Am Samstag ist Bi+ Visibility Day.

© IMAGO/Pond5 Images

Bi+ Visibility Day in Berlin: „Wir sind die unsichtbare Mehrheit unter den queeren Minderheiten“

Am 23. September ist Bi Visibility Day. Eine erstmalige Befragung von bisexuellen Menschen in Berlin und Brandenburg zeigt: Dieser Tag ist dringend nötig.

Elf Prozent. Nur elf Prozent der bisexuellen Menschen machen keine Diskriminierungserfahrungen. Das zumindest ist das Ergebnis einer Befragung, die der Verein BiBerlin kürzlich durchgeführt hat. Es ist die erste Befragung dieser Art in Berlin und Brandenburg.

„Bisher gibt es nur ganz wenige Daten zu Bisexualität, in Berlin gab es bisher noch gar keine“, sagt Anna Sive, die Vorstandsmitglied von BiBerlin ist und die Studie leitete. Oft bleiben die Erfahrungen bisexueller Menschen unsichtbar.

Aus diesem Grund wurde vor 25 Jahren der Bi+ Visibility Day eingeführt. Jedes Jahr am 23. September soll damit mehr Sichtbarkeit für bisexuelle Menschen geschaffen werden. Auch in Berlin fehlt diese Sichtbarkeit bisher.

Viele queere Schutzräume sind für bisexuelle Menschen keine Schutzräume.

Anna Sive, Vorstandsmitglied von BiBerlin

„Wir sind der einzige Verein für die Bi+ Community, und wir haben nicht einmal eigene Räume, weil wir bisher nicht gefördert werden“, sagt Sive im Gespräch. „Die anderen queeren Organisationen in Berlin haben kaum bis gar keine bispezifischen Angebote.“

Der Verein BiBerlin nutzt den Begriff Bi+ als Überbegriff, um das breite Spektrum an Selbstbezeichnungen für sexuelle oder romantische Anziehung zu mehreren Geschlechtern zu beschreiben. Darunter etwa auch die Pan- oder Omnisexualität. Insgesamt gaben die Teilnehmer*innen bei der Befragung zehn verschiedene Geschlechter an. „Das deckt sich mit unserer Erfahrung, dass die Bi+ Community unglaublich divers ist“, sagt Sive.

Und diese diverse Gruppe fühlt sich, das legt die Befragung nahe, in der queeren Community kaum repräsentiert. Diese fehlende Sichtbarkeit macht sich auch dadurch bemerkbar, dass viele Probleme haben, ihre sexuelle Orientierung offen auszuleben.

Mehrere Teilnehmer*innen schrieben, dass diese Umfrage das erste Mal sei, dass sie sich überhaupt outen. Dabei ordnen sich einer Studie des Marktforschungsinstitut YouGov von 2015 zufolge etwa 21 Prozent der Deutschen über 18 Jahren im bisexuellen Spektrum ein.

„Wir sind quasi die unsichtbare Mehrheit unter den queeren Minderheiten, denn Bi+ Menschen gibt es mit Abstand am meisten“, sagt Sive. Und innerhalb dieser queeren Minderheiten fühlen sich nicht alle sicher: Knapp zwei Drittel der von BiBerlin Befragten erleben Diskriminierung innerhalb der eigenen queeren Community als Problem. „Viele queere Schutzräume sind für bisexuelle Menschen deshalb keine Schutzräume.“

Auch andere Studien legen nahe: Bisexuelle Menschen sind eine der unsichtbarsten Gruppen innerhalb des LGBTQ+-Spektrums. Laut einer US-amerikanischen Studie kann aus dieser Unsichtbarkeit für Bisexuelle ein besonderes psychisches Leid erwachsen.

80
Prozent der Befragten erleben mindestens zwei Formen der Diskriminierung

Sie werden sowohl in der Mehrheitsgesellschaft als auch von der eigenen queeren Community diskriminiert. Die Folgen reichen von Depressionen über Angstzuständen bis zu Suizid.

Viele der Befragten in Berlin und Brandenburg wünschen sich mehr Angebote und Sichtbarkeit für bisexuelle Menschen. 63 Prozent von ihnen kennen, ohne vorgegebene Antwortmöglichkeiten, keine Anlaufstellen in der Region.

Dabei scheinen diese dringend nötig zu sein: Die Hälfte der Befragten erlebt Bifeindlichkeit, 80 Prozent sagen, sie sind von mindestens zwei Formen von Diskriminierung betroffen. „Oftmals geht es um Diskriminierungen bezogen auf Gender und Queerness“, sagt das Vorstandsmitglied von BiBerlin. „Aber auch Klassismus, Diskriminierung von neurodivergenten Menschen und Rassismus kommen häufig vor.“

Es braucht also mehr Aufklärung, Anlaufstellen und Sichtbarkeit für die Bi+ Community. Darauf will der Bi+ Visibility Day aufmerksam machen. Am Freitag werden zu diesem Anlass Bi-Flaggen an den Rathäusern Schöneberg und Lichtenberg gehisst. Der Verein BiBerlin veranstaltet am Samstag außerdem eine Party im SchwuZ.

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