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Die Regenbogenflagge der queeren Bewegung.

© IMAGO/Pond5 Images

Bundesaufnahmeprogramm: Erste queere Afghan*innen in Deutschland angekommen

Zwei queere Männer sind im Rahmen des Aufnahmeprogramms für besonders gefährdete Afghan*innen nach Bremen gereist. Ziel ist, in den nächsten Jahren bis zu 2000 weitere LGBTIQ-Personen aus dem Land zu holen.

In Afghanistan wurden sie gefoltert, jetzt sind sie in Deutschland in Sicherheit. Zwei queere Männer konnten mit dem Bundesaufnahmeprogramm für besonders gefährdete Menschen aus dem Land gebracht werden. Die beiden haben Einzelzimmer in einem Bremer Wohnheim bezogen, wo auch frühere afghanische Ortskräfte untergebracht sind. Laut Jörg Hutter aus dem Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbands (LSVD), der bei der Organisation der Ausreise geholfen hat, gibt es vor dem von der AWO geleiteten Haus einen Wachdienst. „Wir haben den beiden auch schon psychologische Betreuung angeboten“, sagt Hutter am Telefon.

Einen Asylantrag müssen die Männer – beide sind Anfang 20 – nicht mehr stellen, sie können eine Aufenthaltserlaubnis beantragen. Das gilt für alle Menschen, die mit dem Bundesaufnahmeprogramm nach Deutschland kommen, denn sie durchlaufen zuvor bereits einen dreistufigen Prüfungsprozess, in den auch das Innenministerium und das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge involviert sind. Der LSVD schlägt mithilfe seiner Partnerorganisation Rainbow Afghanistan Personen für das Programm vor. „Es werden Videointerviews geführt, in denen geprüft wird, ob die Fallerzählung stimmig ist und ob die Leute auch wirklich LGBTIQ sind“, erklärt Hutter.

Es gebe bereits über 50 weitere Aufnahmegenehmigungen des Bundes. Auch Frauen und Frauen-Paare seien darunter. „Die Herausforderung besteht nun darin, sie aus dem Land zu bekommen. Aber das kriegen wir hin, wir sind fantasiereich.“ Ein großes Hindernis sind häufig die Reisedokumente, ein Pass könne bis zu 2000 Euro kosten, ein Visum um die 1400 Euro. Der LSVD hat zusammen mit Rainbow Afghanistan das Ziel, in den nächsten Jahren noch 1000 bis 2000 queere Menschen über das Bundesaufnahmeprogramm aus dem Land zu holen.

Seit die Taliban vor zwei Jahren wieder die Macht in Afghanistan übernommen haben, ist die Lage für Angehörige der LGBTIQ-Community deutlich gefährlicher geworden als sie es ohnehin schon war. Auf homosexuellen Sex steht die Todesstrafe. Laut Menschenrechtsorganisationen und Medienberichten werden queere Menschen von den Islamisten systematisch gesucht, bedroht und gequält.

Deshalb hatten Jörg Hutter und viele weitere NGO-Verter*innen, die mit Schutzsuchenden arbeiten, im April stark kritisiert, dass die Bundesregierung das Aufnahmeprogramm aus Sicherheitsgründen ausgesetzt hatte. Sie sahen Geflüchtete dadurch in Gefahr. Zudem strandeten viele von ihnen in Pakistan, wohin sie in ihrer Not zunächst geflohen waren. Auch die beiden jetzt in Bremen angekommenen Afghanen gingen zunächst in das – ebenfalls queerfeindliche – Nachbarland.

Dass das Bundesaufnahmeprogramm nun wieder läuft, begrüßt Jörg Hutter. „Die Ankunft der ersten queeren Geflüchteten aus Afghanistan gibt uns Hoffnung, gemeinsam mit den Behörden noch mehr Personen vor dem menschenfeindlichen Regime der Taliban retten zu können“, schreibt er in einem LSVD-Statement.

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